Frankfurt/Berlin. Das Motto zur Jubiläumsfeier des Tags der Deutschen Einheit lautet: “Grenzen überwinden“. Niemand ahnte, wie aktuell es sein würde. Eine Glosse.
Jeder Abiturient weiß, wie schwer es ist, sich auf ein Motto zu einigen. Da kämpft man sich 13 Jahre durch die Schule, um beim feierlichen Abschluss unter einem riesigen Banner zu stehen, auf dem "Abisutra - Wir gehen auf Stellungssuche" prangt.
Solcherlei galt es für die Jubiläumsfeier zum 25. Tag der Deutschen Einheit zu vermeiden. Es wird ein großes, ernsthaftes Fest; eine Million Besucher werden erwartet, darunter Michail Gorbatschow und Altkanzler Helmut Kohl. Gefragt war ein Motto, mit dem sich alle anfreunden können. "Grenzen überwinden" schien ein gutes Thema zu sein.
Es hat eine historische Dimension, denn um die Wende herum wurden viele Grenzen überwunden, aber es wirkt trotzdem nicht verstaubt: es gibt noch genügend mentale und physische Grenzen, über deren Überwindbarkeit es sich nachzudenken lohnt. Wie gesagt: der Ansatz überzeugte.
Flüchtlingskrise konterkariert das "Grenzen überwinden"-Motto
Doch dann kamen die Flüchtlinge. Und sie sorgten dafür, dass Deutschland erst seine Grenzen für sie öffnete, was hervorragend zum Motto passte, und sie dann plötzlich wieder vor ihnen schloss, was gar nicht mehr mehr zum Motto passte.
Nun droht Deutschland eine "Grenzen überwinden"-Party, während an den Landesgrenzen Polizisten stehen, die genau das verhindern sollen? Eine so bizarre Vorstellung, dass sie sogar linke Aktivisten wie das Zentrum für Politische Schönheit verzweifeln lassen: Die Gruppe, die jüngst noch mit symbolischen Flüchtlingsbegräbnissen für Aufsehen gesorgt hatte, twitterte jetzt resigniert: "Was tun, wenn die Regierung einem sogar die Subversion abnimmt?"