Washington. . Im Kampf um die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im November 2016 punkten die Anwärter der Republikaner mit Populismus. Die Umfragewerte von Donald Trum wachsen stetig.

Das gibt‘s nur in Amerika: Ein egomanischer Bau-Unternehmer, der seine Konkurrenten mit Vorliebe „Stümper“ und „Schwächlinge“ nennt, und ein pensionierter Neuro-Chirurg, der einmal erfolgreich siamesische Zwillinge getrennt hat, gehen am Mittwoch als Favoriten in die zweite Fernsehdebatte der 16 republikanischen Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur im kommenden Jahr. Dass Donald Trump und Ben Carson, beide politisch unbefleckt, vor einem Millionenpublikum ihren Vorsprung in den Umfragen – zusammen kommen sie derzeit auf 53 Prozent Zustimmung im konservativen Wähler-Milieu – ausbauen werden, gilt unter US-Beobachtern als beinahe sicher.

„Viele Leute haben die konventionellen Politiker absolut satt“, erklärt Larry Sabato, Politik-Professor an der Universität von Virginia, „Echtheit und Klartext zählen.“ Mehr noch: Arbeitsnachweise aus dem Maschinenraum des trägen amerikanischen Politik-Tankers gelten für viele Wähler beinahe als Ausschlusskriterium. 70 Prozent der Anhänger der „Grand Old Party“ werfen ihren Kongress-Abgeordneten vor, viel zu biegsam im Umgang mit dem verhassten demokratischen Präsidenten Barack Obama zu sein. Auch jüngere Kandidaten wie Marco Rubio oder Ted Cruz, die erst seit kurzem als Senatoren amtieren, werden in Sippenhaft genommen für das, was man dem Politik-Betrieb der Hauptstadt landläufig vorhält: Totalversagen. Stillstand. Mauschelei. Selbstbedienung. Und elitäre Volksferne.

Frische Umfragen dokumentieren den Ansehensverlust, der durch das Erstarken des radikalen Tea Party-Flügels der republikanischen Partei in Wut und Hass umgeschlagen ist. 70 Prozent der Amerikaner haben kein Vertrauen mehr in die Politiker. 60 Prozent halten das Zwei-Parteien-System und seine von außen schwer durchschaubaren Entscheidungswege für kaputt. Sechs von zehn Wählern wollen einem Seiteneinsteiger den Weg ins Weiße Haus ebnen. Auch darum wird der einzigen Frau im republikanischen Rennen, Carly Fiorina, ehemals Vorstandsvorsitzende des Computer-Konzerns HP, noch Einiges zugetraut. Bei Sympathisanten der Demokraten ist die Verdrossenheit weniger ausgeprägt. Hier steht nur ein Viertel auf den Typus Anti-Politiker, den niemand drastischer verkörpert als Donald Trump.

Absurde Versprechen und unverschämte Auftritte

Seit der 69-jährige Milliardär aus New York im Mai seinen Hut in den Ring geworfen hat, kennen seine Zustimmungsraten nur eine Richtung: steil nach oben. Mit konsequent unverschämten Auftritten, bei denen Trump gegen Frauen, Einwanderer, Medien und vor allem Politiker agitiert („reden nur, können nichts“) bündelt er den weit über Pegida-Niveau angesiedelten Volkszorn. „Endlich einer, der sagt, was er denkt“, ist die Standard-Reaktion von Neu-Trumpianern.

Dass der Bau-Mogul statt politischer Konzepte reihenweise absurde Versprechen von sich gibt, man denke an seinen Plan einer riesigen Mauer an der Grenze zu Mexiko, lassen ihm viele Wähler durchgehen. Versuche des zu Jahresbeginn noch als Favorit gesetzten Präsidenten-Sohnes-und-Bruders Jeb Bush, Trump als Hetzer und Hohlkopf zu marginalisieren („man kann sich den Weg ins Weiße Haus nicht erstänkern“), sind bisher gescheitert. Bush rangiert in Umfragen bei acht Prozent. Stattdessen hat sich der bedächtig auftretende Ben Carson mit seiner Rhetorik als tief gläubiger „Brückenbauer in einer zerrissenen Gesellschaft“ im religiösen Wählerspektrum viele Meriten erworben.

Aber: Auch bei den Wahlkämpfen 2007 und 2011 lagen zum gleichen Zeitpunkt mit dem früheren New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani und dem texanischen Gouverneur Rick Perry ebenfalls zwei Kandidaten vorn, die mit blankem Populismus punkten wollten. Später stutzten die Wähler sie auf Bonsai-Format.