Berlin. .

Deutschland führt angesichts des nicht mehr zu beherrschenden Flüchtlingsstroms vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein. „Der Schwerpunkt wird zunächst an der Grenze zu Österreich liegen“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Sonntagabend in Berlin.

Damit setzt Deutschland das Schengen-Abkommen außer Kraft, das den Grenzübertritt ohne Kontrollen innerhalb der EU erlaubt. „Ziel dieser Maßnahme ist es, den derzeitigen Zustrom nach Deutschland zu begrenzen und wieder zu einem geordneten Verfahren bei der Einreise zu kommen“, sagte der Innenminister.

De Maizière machte deutlich, dass auch andere Länder in Europa Flüchtlinge aufnehmen müssen. Die Hilfsbereitschaft der Deutschen dürfe nicht überstrapaziert werden, sagte der Innenminister. Deutschland stelle sich seiner Verantwortung, die Lasten müssten aber solidarisch verteilt werden. „Nach dem geltenden europäischen Recht ist Deutschland für den allergrößten Teil der Schutzsuchenden gar nicht zuständig“, sagte de Maizière. „Das Dublin-Verfahren und die Regelung über die Registrierung gelten unverändert fort.“ Auch die Asylsuchenden müssten akzeptieren, dass sie sich einen Mitgliedsstaat der EU, der ihnen Schutz gewährt, nicht einfach aussuchen können.

Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung kam von Linksfraktionschef Gregor Gysi. „Grenzen kann man schließen, aber die Probleme löst man damit nicht“, sagte Gysi.Jörg Radek von der Gewerkschaft der Polizei sagte, der Bundesinnenminister habe mit seiner Entscheidung „die Reißleine gezogen“, um Sicherheit und Ordnung in Deutschland aufrechtzuerhalten. Es sei nicht mehr akzeptabel gewesen, Flüchtlinge unregistriert einreisen zu lassen.

NRW sieht sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen allmählich an der Belastungsgrenze. Innerhalb einer Woche waren 10 000 Flüchtlinge in Sonderzügen aus Bayern gekommen. „Wir stehen an der Seite der Kollegen in Bayern und schaffen täglich neue Kapazitäten“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums gestern. „Wir wissen jedoch nicht, wie lange wir das noch durchhalten.“

Gestern wurde der Zugverkehr von und nach Österreich bis Montagmorgen, 6 Uhr, unterbrochen. Heute beraten die EU-Innenminister über die Flüchtlingskrise.