Berlin. Konsequentes Vorgehen gegen Rechtsradikale! So fordern es viele Politiker nach Heidenau. Doch in Wahrheit stocken die Ermittlungen in vielen Fällen.

Auf die zunehmenden Angriffe gegen Flüchtlingsheime reagiert die Politik mit dem Ruf nach harten Strafen - doch die Realität sieht anders aus. Zwar sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nach den Krawallen im sächsischen Heidenau: "Diese rechten Schläger, die es da gibt, gehören nicht auf die Straße, sondern sie gehören vor Gericht, und dort werden sie auch landen." Tatsächlich sind solche Ermittlungen oft erfolglos, zu einer Verurteilung kommt es bislang eher selten, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Ländern ergab. Eine Auswahl:

Ein 39-jähriger Finanzbeamter steckte im Februar im schleswig-holsteinischen Escheburg ein leerstehendes Gebäude an, in das am nächsten Tag irakische Flüchtlinge einziehen sollten. Das Landgericht Lübeck verurteilte den Brandstifter im Mai zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe. Er ging zwar in Revision, seinen Beamtenstatus hat er jedoch verloren. Dies ist die einzige bundesweit bekanntgewordene Verurteilung der letzten Monate.

Mit Flyern auf der Suche nach Hinweisen

Nach dem Brand in einem geplanten Flüchtlingsheim im April in Tröglitz in Sachsen-Anhalt setzten die Ermittler auch auf eine Briefkastenaktion. 1500 Flyer wurden verteilt, Zeugen befragt, zu den Verdächtigen wurde bislang nichts bekannt.

Kein Ergebnis gibt es bei den Ermittlungen zum Brand einer noch nicht fertiggestellten Flüchtlingsunterkunft im pfälzischen Limburgerhof vor gut dreieinhalb Monaten. Unbekannte hatten in der Nacht zum 6. Mai auf dem Flachdach des noch nicht bezogenen Gebäudes Bitumenbahnen angezündet und einen Schaden bis zu 30 000 Euro verursacht. Verdächtige wurden noch nicht gefunden. In der vergangenen Woche zogen aber die ersten Flüchtlinge in das Gebäude ein.

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Ende Juli hatten Unbekannte eine möglicherweise mit Brandbeschleuniger getränkte Zeitung vor der Wohnungstür einer Flüchtlingsfamilie in Brandenburg/Havel angezündet. Nach Angaben der Potsdamer Staatsanwaltschaft wurden bislang keine Verdächtigen ermittelt.

Schüsse auf ein Flüchtlingsheim

Mitte Juli ging in Remchingen in Baden-Württemberg ein leerstehendes früheres Vereinsheim in Flammen auf, in das etwa 20 Flüchtlinge einziehen sollten. Im zuständigen Polizeipräsidium Karlsruhe fehlen noch immer Erkenntnisse über die Brandstifter. Der Untersuchungsbericht der Kriminaltechnik sei noch nicht fertiggestellt, Rechtsextreme seien vernommen worden - Verdachtsmomente oder Verhaftungen blieben jedoch aus.

In Dresden gingen Ende Juli in einem Flüchtlingsheim nach Steinwürfen Scheiben zu Bruch, auf ein Flüchtlingsheim in Böhlen bei Leipzig wurden Mitte Juli Schüsse abgegeben, in Meißen verüben Unbekannte in einer Juninacht einen Brandanschlag auf eine noch leere Unterkunft: In allen drei sächsischen Fällen dauern die Ermittlungen noch an, wie eine Sprecherin des Operativen Abwehrzentrums zur Extremismusbekämpfung (OAZ) in Leipzig mitteilte. Die Täter seien bislang nicht ermittelt.

Jede Spur nach Verdächtigen fehlt nach dem Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft Mitte Juli im oberbayerischen Reichertshofen. Selbst eine Belohnung in Höhe von 10 000 Euro habe noch keinen konkreten Hinweis auf die Täter gebracht, sagte ein Polizeisprecher.

Von den Tätern fehlt jede Spur

In einem Flüchtlingsheim im oberpfälzischen Neustadt an der Waldnaab brach am 21. August ein Brand aus. Ein Bewohner hatte zwei Männer gesehen, die möglicherweise für den Brand verantwortlich sind - von den Tätern fehlt nach Angaben der Polizei jede Spur.

Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte
Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte © Unbekannt | Unbekannt

In Mecklenburg-Vorpommern gab es laut Innenministerium seit Beginn des Jahres 19 Vorfälle und Attacken gegen Asylbewerberheime: von Schmierereien bis hin zu gezündeten Böllern. Diese Delikte würden zwar strafrechtlich verfolgt, Anklagen und Urteile gab es noch nicht.

Nach einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft im Oktober 2014 wurden in Groß Lüsewitz bei Rostock jetzt zwei Verdächtige wegen versuchten Mordes verhaftet. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft und Polizei sollen die Männer Brandsätze gegen die Fassade geschleudert haben. Es entstand Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt. Die Beschuldigten schweigen zu den Vorwürfen, die Ermittlungen laufen. (dpa)