An Rhein und Ruhr. . Offene Stellen für Köche, Metzger und Finanzkaufleute. Arbeitsagentur bietet zahlreiche Hilfen an

Endspurt fürs neue Ausbildungsjahr: Während viele junge Leute am 1. August ihre Lehrstelle angetreten haben und schon erste Erfahrungen im gewählten Beruf sammeln, sind in NRW nach Angaben der Arbeitsagentur immer noch 47 357 interessierte Bewerber ohne Ausbildungsplatz. Zugleich suchen noch viele Firmen händeringend Lehrlinge, landesweit 29 361 Stellen sind noch offen. Die Arbeitsagentur appelliert an Betriebe, das Anforderungsprofil zu überdenken: „Auch Bewerber aus der zweiten Reihe können hochleistungsfähige Mitarbeiter werden“, so Sprecher Werner Marquis.

In zehn Berufsbereichen gibt es auffällig viele offene Stellen und eher wenig Bewerber. So zählen Köche, Metzger und Bäckereifachverkäufer ebenso zu den Lehrberufen mit Besetzungsproblemen wie Versicherungs- oder Finanzkaufleute und angehende Logistiker. Die Gründe sind laut Arbeitsagentur ganz unterschiedlich. Werner Marquis wirbt dafür, dass eine Stellenbesetzung nicht an einer mäßigen Schulperformance scheitern sollte oder daran, dass dem Ausbilder vielleicht das Äußere nicht passt. Zugleich sollten interessierte Bewerber aber auch unbedingt vorher ihre Erwartungen an den Beruf überprüfen, so der Agentursprecher.

Gesucht: Bäcker, Fachverkäuferin, Fachkaufmann und System-Gastronom. Insgesamt 15 Lehrstellen hat die Oberhausener Bäckerei Agethen in diesem Jahr ausgeschrieben. Aber nur drei konnte sie bislang besetzen.

„Die Initiative der jungen Bewerber ist anders als früher“, sagt Stefan Agethen, Bäcker und Obermeister der Innung Rhein-Ruhr. Das „jung“ relativiert er gleich. „In unserer Branche spricht man von 24- oder 25-Jährigen.“ Selbst eine 40-Jährige hat der Oberhausener schon unter den Bewerbern gehabt. Das Alter spiele auch gar keine entscheidende Rolle, versichert Agethen. Was ihn aber ärgert, ist offen demonstrierte Lustlosigkeit. Korrekte Umgangsformen und ein freundlicher Kundenkontakt seien ganz wichtig. „Viele Interessenten scheitern bereits an der Bewerbung selbst“, berichtet Agethen und klagt über fehlende Unterlagen und Rechtschreibfehlern im Dutzend. Befremdlich sei es auch, wenn man als Arbeitgeber in spe auf Anhieb geduzt und zum Rückruf aufgefordert werde.

Auf Anhieb geduzt, Bewerbungen mit Fehlern

Ähnlich ernüchternd ist man beim Konditoreibetrieb Dobbelstein in Duisburg, wo man bisher zwei Konditoreifachverkäuferin-Lehrstellen besetzen konnte. Obgleich der Status quo aktuell anders aussieht. „Eine Auszubildende hat nach zwei Wochen die Lehre abgebrochen“, berichtet Geschäftsführer Thomas Dobbelstein. „Gründe hat sie keine angegeben.“ Die Sorge ist da, dass auch der zweite Lehrling die Flinte ins Korn werfe. Der Wille, die vakante Stelle wieder zu besetzen, aber auch. „Wir haben zwei Bewerber angeschrieben, noch aber keine Antwort erhalten“, berichtet der Konditoreichef.

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Insgesamt sieht Thomas Dobbelstein eine geringere Belastbarkeit bei den Einsteigern – „man muss den ganzen Tag ja stehen“. Die Vorstellungen der Bewerber und die Realität klaffe meist weit auseinander. Bäckermeister Agethen aus Oberhausen klagt: „Seit etwa fünf Jahren haben aber nicht nur wir Schwierigkeiten bei der Lehrlingsfindung.“ Das Handwerk steuert gegen. Mit Kampagnen wie „Back dem Land das Brot“ soll über Berufe aufgeklärt und deren Image verbessert werden. Ähnlich läuft es auch in Industrie und Handel, wo aktuell die Kampagne „Kein Abschluss ohne Anschluss“ läuft. In einem mehrstufigen Verfahren – Potenzialanalyse, Berufsfelderkundung und Praktikum – werden ab der Stufe acht die Stärken und Interessen von Schülern ermittelt, berichtet Jürgen Kaiser, Bildungsexperte der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer (IHK). Ziel ist es, die Schüler auf einen von insgesamt 350 Ausbildungsberufen einzustimmen. Kaiser berichtet von aktuell noch etwa 200 offenen Lehrstellen und ist zuversichtlich.

Wettbewerb um Azubis wird härter

Abgerechnet wird in der Tat zum Schluss, und das ist am 30. September. Dann endet für die Arbeitsagentur - jedenfalls formal - der Endspurt fürs angebrochene Lehrjahr. „Da ist noch einiges in Bewegung“, weiß Sprecher Werner Marquis aus Erfahrung. Klar ist aber auch: Die Zahl der Schulabgänger wird in den nächsten Jahren sinken und der Wettbewerb um Azubis gerade auch für kleinere Betriebe härter, weil immer mehr potenzielle Bewerber über ihren Schulabschluss auch eine Studienoption haben. Agentursprecher Marquis wirbt deshalb darum, dass Unternehmen auch auf den ersten Blick weniger qualifizierten Bewerbern eine Chance geben. Die Arbeitsagentur könne helfen: Von der sogenannten „Einstiegsqualifizierung“ (einem Langzeitpraktikum) bis hin zur assistierten Ausbildung gebe es viele Möglichkeiten.