Heidenau. Mehrere Menschen wurden am Freitagabend bei Ausschreitungen vor einem Flüchtlingsheim in Sachsen verletzt. Am Tag danach kamen die Rechten wieder.

Der rechte Mob und mit ihm viele Bürger zeigen in Heidenau offen ihren Ausländerhass. Vor einer Notunterkunft für Flüchtlinge in dem Ort in der Nähe von Dresden haben sich nach den Krawallen der vergangenen Nacht am Samstag erneut Rechtsextremisten versammelt. Rund 40 von ihnen standen am Abend in mehreren Gruppen etwa 150 linken Demonstranten gegenüber. Beide Seiten waren durch die Bundesstraße voneinander getrennt.

Die Polizei schätzte die Lage nach Auskunft eines Sprechers als ruhig ein. Bis zum Abend waren etwa 120 neue Flüchtlinge in der Notunterkunft angekommen. Die insgesamt vier Busse konnten das Gebäude ungehindert erreichen.

Nicht alle gehörten zur rechtsradikalen Szene

In der Nacht zuvor hatten mehrere hundert Menschen die Zufahrtsstraße zu dem ehemaligen Baumarkt blockiert. Sie pöbelten die Asylbewerber an und bewarfen Polizisten mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern. Die rechtsextreme NPD hatte zu dem Protest aufgerufen. Doch beileibe nicht alle Anwesenden gehörten zur rechtsextremen Szene. Auch viele Anwohner hatten sich eingefunden.

Flüchtlinge in DeutschlandIn dem rund 1000-köpfigen Demonstrationszug durch die Stadt liefen neben, vor und hinter erkennbar Rechten auch scheinbar normale Bürger, darunter auch Frauen mit Kinderwagen und Kinder. Eine Frau schwenkte die schwarz-weiß-rote Flagge des untergegangenen Deutschen Kaiserreichs. Zwei andere bekundeten auf einem großen Transparent, dass sie auf Asylbewerber hier in der Sächsischen Schweiz bestens verzichten können. So also empfängt Heidenau Menschen, die vor Krieg und Not aus ihren Heimatländern flohen.

Bis zu 600 Flüchtlinge sollen nach Heidenau kommen

Heidenau ist eine kleine Stadt von etwa 16 000 Einwohnern, von Dresden aus nur wenig elbaufwärts. Die neue Flüchtlingsunterkunft in liegt an der von Einkaufsmärkten gesäumten Bundesstraße 172 Richtung Pirna, eigentlich schon etwas außerhalb. In den nächsten Wochen sollen hier bis zu 600 Flüchtlinge unterkommen. Mit Bussen sollen die ersten am Freitagabend ankommen. Viele der Demonstranten liefen daher nach der Abschlusskundgebung zur Unterkunft. Einige setzten sich auf die Straße. Der Verkehr wurde umgeleitet.

Etwa 1000 Menschen protestieren in Heidenau gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in einem ehemaligen Baumarkt.
Etwa 1000 Menschen protestieren in Heidenau gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in einem ehemaligen Baumarkt. © dpa

Anfangs war es friedlich. Rechtsextreme und Schaulustige blieben unter sich, tummelten sich - von Gegendemonstranten unbehelligt - auf der Straße. Bierflaschen lagen umher. Doch am späten Abend heizte sich die Stimmung zu gewalttätiger Randale gegen Menschen und Sachen auf. Teilnehmer der Demo sagen später, bei einigen ihrer Mitstreiter seien "die Sicherungen durchgebrannt".

Böller, Steine und Flaschen flogen auf die Straße, die die Polizei weiträumig abgesperrt hatte. Dann erhellten Leuchtkugeln die Nacht. Die Beamten drängten die Menge zurück, setzten dabei auch Pfefferspray und Tränengas ein. Viele Demonstranten liefen weg, doch rechte Hardliner stellten sich ihnen in den Weg: "Stopp, bleibt hier!" riefen sie. Nach rund einer Viertelstunde beruhigt esich die Szene etwas. Es gab Verhaftungen und Verletzte, Rettungswagen fuhren mit Blaulicht vor. Doch Rechte versuchten immer wieder, die Ankunft der Flüchtlinge zu blockieren.

Flüchtlinge als "Schweine" und "Viehzeug" beschimpft

Das ganze Ausmaß des Fremdenhasses zeigte sich am Freitag in den Gesprächen oder in dem, was ungehemmt im Sprechchor skandiert wurde. Da wurden Flüchtlinge als "Schweine" und "Viehzeug" beschimpft, da wurden völlig aus der Luft gegriffene Bedrohungsszenarien an die Wand gemalt. "Eure Frauen werden alle vergewaltigt, ihr könnt sie nicht mehr schützen", rief eine Frau mittleren Alters beschwörend einer Gruppe junger Männer zu.

Die Polizei sichert den ehemaligen Praktiker-Baumarkt in Heidenau vor Übergriffen von Gegnern der Asylunterkunft.
Die Polizei sichert den ehemaligen Praktiker-Baumarkt in Heidenau vor Übergriffen von Gegnern der Asylunterkunft. © dpa

Die Männer beobachteten - Bierflasche in der Hand - das Geschehen in der Flüchtlingsunterkunft von der gegenüberliegenden Straßenseite aus. Jugendliche sangen leise das verbotene Horst-Wessel-Liedes der Nazis. Eine Gruppe diskutierte über die Rassenpolitik der Nazis. Andere vertrieben sich die Zeit bis zur Ankunft der Flüchtlinge mit Verschwörungstheorien. Als viele Anwohner nach Mitternacht nach und nach abwanderten, blieb der rechte Mob noch eine Weile unter sich. Dann löste sich der Spuk auf. (dpa)