Essen. . Bistümer in NRW besitzen zahlreiche Immobilien. Doch die Umwandlung in Flüchtlingsunterkünfte scheitert häufig an bürokratischen Hürden.

Rund 170.000 Flüchtlinge muss das Land in diesem Jahr unterbringen. Die Städte suchen händeringend nach Unterkünften. Turnhallen und Schulen werden belegt, Container und Zelte aufgebaut, um den Menschen Dach und Bett zu bieten.

Der Aachener Bürgermeisterin Hilde Scheid (Grüne) platzte jetzt der Kragen: Dass die Kirche bisher nur einige Dutzend Menschen in Aachen aufgenommen habe, sei deutlich zu wenig. In einem offenen Brief forderte sie den Bischof auf, die rund 80 Immobilien des Bistums zu öffnen.

Keiner hat einen Überblick über Leerstände

Doch so einfach ist das nicht, zeigt auch das Beispiel Essen. „Der Bestand an Mietshäusern des Bistums lässt sich an zwei Händen abzählen“, sagt Ulrich Lota, Sprecher des Bistums Essen. Somit seien derzeit keine Flüchtlinge in Immobilien des Bistums untergebracht. Drei der Gebäude würden leer stehen, die Stadt prüfe zurzeit, ob sie als Flüchtlingsunterkünfte geeignet sind. Aus diesem Grund habe das Bistum die Kirchengemeinden gebeten, alle Leerstände zu melden. „Die Gemeinden sind rechtliche Eigentümer der Immobilien, deshalb haben wir keinen Überblick, wie viele Gebäude Flüchtlingen zur Verfügung stehen“, so Lota.

In vielen Städten wie Duisburg, Essen oder Bottrop gebe es jedoch gute Beispiele. So habe eine Familie in einer Pfarrei in Essen untergebracht werden können. Die Vorstellung, leerstehende Gebäude rasch Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen, sei aber zu einfach. „Die Gebäude müssen gewissen Standards entsprechen“, erklärt Lota. Das sei nicht immer gegeben.

Das bestätigen auch Martin Wißmann, Sprecher des Bistums Münster und Jens Peter Iven von der Evangelische Kirche im Rheinland: „Es kann nicht einfach jemand kommen und sagen: Ich habe einen Raum. Beispielsweise Vorgaben wie Lage und Größe müssen eingehalten werden“, sagt Wißmann. Was ist mit der Nachbarschaft, sind die sanitären Anlagen ausreichend – das seien weitere Fragen, ergänzt Iven. Vielfach würden Kirchengemeinden des Bistums zwar Gebäude anbieten, aber von den Kommunen abgewiesen, wenn die Ausstattung nicht reiche. Um dieses Problem zu beheben, habe das Bistum Münster 1,5 Millionen Euro für die Herrichtung von Immobilien bereitgestellt.

Flüchtlinge in DeutschlandFehlende Fluchttreppen, Brandschutz-Regeln und andere bürokratische Auflagen führten häufig zu Absagen, weiß auch die Landtagsabgeordnete Andrea Asch (Grüne). „Die katholischen Kirchen haben einiges angeboten, aber nur wenige Angebote wurden realisiert“, sagt sie. Teilweise aus abenteuerlichen Gründen, wie sie findet: „Mal fehlte eine zweite Dusche.“ Bau- und Ausländerämter sollten großzügiger prüfen.

In Köln gehen Flüchtlinge ins Kloster

Ähnlich sieht es Sarah Philipp, SPD-Landtagsabgeordnete aus Duisburg. „Man muss darüber diskutieren, die baulichen Standards abzusenken.“ Sie verweist auf die Idee von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), der jüngst eine „Aldi-Bauweise“ für Flüchtlingsheime forderte, oder den Vorstoß der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner, die auf die Einhaltung aller Normen zugunsten einer schnellen Nutzung verzichten will.

Es gibt aber auch positive Beispiele. Eines ist das Klarissen-Kloster in Köln-Kalk, das derzeit mit Unterstützung des Erzbistums Köln in eine Wohnanlage umgewandelt wird, in der auch Flüchtlinge wohnen sollen. Mehrere Hundert Gebäude sind im Besitz des Erzbistums, die Hälfte davon Schulen, aber auch Wohn- und Geschäftshäuser. Sprecher Christoph Heckeley bedauert: Derzeit gebe es keine leerstehenden Gebäude.