Die Kanzlerin ist mit einem blauen Auge davongekommen. Die Zahl der Unions-Abgeordneten, die allen Appellen zum Trotz das neue Hilfspaket für Griechenland abgelehnt haben, ist nur geringfügig höher als beim letzten Mal. Auf eine Beschädigung ihrer Führungsleute wollten es viele, die bei CDU und CSU Zweifel haben am Kurs der Euro-Rettung, nicht ankommen lassen. Andererseits: Nicht ein Euro-Kritiker, der vor vier Wochen schon das Nein-Kärtchen zückte, hat sich jetzt von Kanzlerin und Finanzminister überzeugen und zur Zustimmung hinreißen lassen.
Mindestens ein stabiles Fünftel der Unions-Abgeordneten trägt Merkels Politik nicht mit. Die Kanzlerin wird weiter lavieren – zwischen den massiven Vorbehalten hierzulande und dem Drängen vieler EU-Partner, von denen sich Europas wichtigste Regierungschefin nicht isolieren will. Auch künftig wird die Kanzlerin mehr Zugeständnisse für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone machen, als sie gegenüber den Wählern und ihrer Partei einräumen mag. Schon jetzt ist dieser Spagat größer, als es der politischen Kultur des Landes zuträglich ist.
Es gibt gute Gründe, Griechenland noch eine Chance im Euro einzuräumen. Aber die Bundesregierung muss sich endlich ehrlich machen und den Bürgern die wahren finanziellen und politischen Kosten dieser Rettungsaktionen offenlegen. Die Taktik des Verschleierns mag kurzfristig funktionieren, aber der Preis ist hoch: Diese Art der Euro-Rettung höhlt die Glaubwürdigkeit der Politik und das Vertrauen in die verantwortlichen Akteure aus.