Berlin. . Chefs der Polizei-Gewerkschaften befürchten: Die startende Bundesligasaison wird nicht friedlich. Strengere Auflagen für Krawallmacher gefordert.
Zum Start der Bundesliga deutet vieles darauf hin, dass es keine friedliche Saison wird. Beide Polizeigewerkschaften sind nach dem Schussangriff auf den Mannschaftsbus von Hertha BSC in Bielefeld alarmiert.
„Es ist für mich unvorstellbar, dass Mannschaften demnächst nur noch unter Polizeischutz reisen und trainieren können“, sagte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, unserer Zeitung. „Der Beschuss ist eine neue Qualität“, warnte Jörg Radek, Vizechef der größeren Gewerkschaft der Polizei (GdP). Man solle zwar Einzelfälle nicht überbewerten, doch habe die Szene ein „rabiates Gewaltpotenzial“.
Der Schatten der Ereignisse in Bielefeld
Er mahnte, 5000 Gewalttäter würden 18 Millionen Stadionbesucher in Verruf bringen, „das ist ärgerlich“. Der Beschuss in Bielefeld war nicht die einzige böse Überraschung bei den Spielen um den DFB-Pokal. In Osnabrück musste eine Partie nach einem Angriff auf den Schiedsrichter abgebrochen werden. Für Wendt ist klar, der Start der Bundesliga am kommenden Freitag „steht unter dem Eindruck der Bielefelder Ereignisse.“
Die Bilanz der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals: 38 Straftaten zählte die Bundespolizei, die vom 7. bis 10. August 1.255 Beamte einsetzen musste. Von regelrechten „Gewaltexzessen“ spricht der Präsident der Behörde, Dieter Romann. Sie hätten in der dritten, vierten und fünften Liga stark zugenommen, ebenso bei An- und Abreisen zu den Spielen. „Allen Störern muss klar sein, wer während der Fahrt zum Spiel randaliere oder Straftaten begehe, „sieht das Spiel nicht oder geht zu Fuß nach Hause“, sagte Romann unserer Zeitung.
Gewalt verlagert sich auf Anreisewege
Grundsätzlich haben die Vereine in der letzten Saison „viel getan, um die Stadien sicher zu machen“ (Wendt); um Fanprojekte zu betreuen, um die Ordnerdienste zu verstärken oder in bessere Videotechnik zu investieren. Die Justiz war nach Wendts Worten „hilfreich“, weil zum Teil strenge Urteile gegen Gewalttäter verhängt wurden, auch Freiheitsstrafen. Auch die Polizei ging taktisch neue Wege und konzentrierte etwa in NRW ihre Einsätze auf wenige „Risikospiele“.
Bloß: Die Gewalttäter verlagerten ihre Krawalle von den Stadien auf die Zufahrtswege. „Die treffen sich an einer Stelle, die für uns in der Lagebeobachtung keine Relevanz hatte, und dort gehen sie sich dann gegenseitig an die Gurgel“, erzählte Radek. Am Wochenende trafen - Zufall - Fans von Werder Bremen und Wolfsburg auf einem Parkplatz bei Fulda aufeinander und begannen eine Prügelei. Aufgrund von Auf- und Abstiege ballen sich inzwischen in der dritten Liga Risikovereine, sodass praktisch jeder Spieltag mindestens eine brisante Paarung hervorbringt.
Strengere Auflagen für die Täter
Das Beispiel dritte Liga zeigt Radek auch, wie sinnlos die Debatte um eine Beteiligung der Vereine an den Kosten der Polizeieinsätze ist. „Sie sind nicht finanzkräftig, die können sie für die Kosten nicht heranziehen.“ So bekomme man das Problem nicht in den Griff. Der Bremer Senat hatte die Kosten für Polizeieinsätze in Rechnung gestellt. Dazu wird ein Rechtsstreit geführt, der womöglich Jahre andauern wird. Die Debatte sei nicht nur rechtlich höchst umstritten, sondern auch nicht zielführend.
Radek forderte Maßnahmen, um die Bundespolizei zu entlasten, vor allem die aufwendigen Eskorten von Fans. Er fordert Meldeauflagen: „Wer aus Anlass eines Fußballspiels strafrechtlich abgeurteilt wird, sollte sich um 15.30 Uhr auf einem Polizeirevier zu melden haben, damit wir ihn überhaupt nicht eskortieren müssen.“
Hilfreich wären nach seiner Ansicht auch Aufenthaltsverbote in den Bahnhöfen und der Ausschluss vom öffentlichen Nahverkehr. „Meine Kolleginnen und Kollegen sind es leid, an jedem Fußballwochenende wenige unbelehrbare Straftäter quer durch die Republik zu begleiten“, so Radek. Es sei „eine erschreckende Tatsache, dass gerade in den unteren Ligen Fanausschreitungen häufig nur durch massive Polizeiaufgebote verhindert werden können“.