Essen/Berlin. . Die Koaltitionsmehrheit ist Angela Merkel sicher. Dennoch gibt es in ihrer eigenen Fraktion Abgeordnete, die ihre Zustimmung zum neuen Griechenland-Kredit kritisch sehen. Politiker aus der Region gaben Einblick in ihre Gefühlslage.

Fest steht: Angela Merkel (CDU) wird am Freitag nicht die Vertrauensfrage stellen. Zwar wächst die Gruppe der Abgeordneten in der Unions-Fraktion, die gegen die Griechenland-Politik der Kanzlerin stimmen werden – doch nicht in dem Maße, dass die Autorität der Kanzlerin beschädigt werden könnte.

Es geht um ein Mandat für weitere Verhandlungen mit Athen. Bei der bisher letzten Abstimmung über Griechenland im Februar – damals ging es um die Verlängerung des zweiten Hilfspakets – stimmten 29 von 311 Unions-Abgeordneten mit Nein. Diese Gruppe dürfte am Freitag weiter wachsen.

Viele Unions-Politiker ringen noch mit sich. Vor der heutigen Sitzung der Fraktion wollen sie sich nicht entscheiden. „Ich werde mein Abstimmungsverhalten erst am Freitag festlegen“, bekennt der Gelsenkirchener CDU-Mann Oliver Wittke, der ein vorübergehendes Ausscheiden Athens aus dem Euro weiter für „sinnvoll“ hält.

„Vorsichtig optimistisch“

Der Bottroper CDU-Bundestagsabgeordnete Sven Volmering hatte sich schon bei der letzten Griechenland-Abstimmung schwer getan mit einem Ja. Am Freitag will er zustimmen, denn: „Wir können nicht einerseits Schäuble für das bisherige Ergebnis loben, und dann weiteren Verhandlungen eine Absage erteilen.“ Doch wie er sich bei einer künftigen Abstimmung über konkrete Finanzhilfen verhalten wird, lässt Volmering offen.

Auch der Duisburger CDU-Abgeordnete Thomas Mahlberg will erst heute nach dem Bericht von Finanzminister Wolfgang Schäuble entscheiden, ob er mit Ja stimmt. Immerhin sei er „vorsichtig optimistisch“. Der Hattinger Unions-Parlamentarier Ralf Brauksiepe gibt sich ebenfalls nicht begeistert, doch überwiege das Positive des Brüsseler Pakets das Negative. Deshalb werde er zustimmen.

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Zur Gruppe der Skeptiker gehört Hans-Peter Friedrich (CSU), früher Bundesinnenminister und heute Fraktionsvize. Er argumentierte in den vergangen Wochen mit markigen Worten gegen mehr Geld für Athen. Jetzt überlegt er, ob er nicht doch mit Ja stimmen soll. Das liegt vor allem an den guten Ergebnissen, die Merkel und Schäuble bei den Gesprächen in Brüssel rausgeholt haben. In seiner herausgehobenen Stellung hat Friedrich eine gewisse Vorbildfunktion: Stimmt er mit Nein, könnten sich schwankende Hinterbänkler ebenfalls dazu durchringen. Von den 29 Gegenstimmen in der Union kamen zehn aus der CSU. Die Christsozialen sind so etwas wie der Hort des Widerstandes.

Viele halten sich plötzlich zurück

Auffällig ist jedoch auch: Viele, die vor ein paar Tagen noch kräftig auf Athen geschimpft haben, sind jetzt still, wollen sich auch auf Nachfrage nicht äußern. Andere äußern sich offen. So wirft der Berliner Christdemokrat Frank Steffel dem griechischen Premier „schmieriges Verhalten“ vor. Alexis Tsipras hatte zuvor gesagt, er glaube nicht an den Reformplan, den er ausgehandelt habe. „Das ist eine Unverschämtheit – und an Dreistigkeit nicht zu überbieten“, sagte Steffel. Und doch wird er wohl zustimmen – mit Bauchschmerzen.

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Der populärste Nein-Sager der Fraktion wird bei seinem Nein bleiben. „Wir kaufen uns wieder für viel Geld ein wenig Zeit“, sagt Wolfgang Bosbach aus Bergisch-Gladbach. Er befürchtet, „dass Griechenland nicht in der Lage sein wird, jemals diesen riesigen Schuldenberg abzutragen.“ Bosbach denkt sogar an Rücktritt. Er werde nicht gegen Verhandlungen stimmen und danach weitermachen wie bisher, kündigte er bereits an.

„Ein Fass ohne Boden will keiner“

Doch nicht nur in der CDU grummelt es. Zwar sind beim Koalitionspartner SPD die allermeisten Abgeordneten für die Verhandlungen – doch der Zick-Zack-Kurs der Regierung Tsipras in den letzten Wochen hat auch hier Spuren hinterlassen. Der Bottroper SPD-Abgeordnete Michael Gerdes etwa hält sich sein Verhalten offen. Er will den Griechen helfen, mahnt aber: „Bei alldem müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht übernehmen.“

Ähnlich sieht es die Duisburger SPD-Parlamentarierin Bärbel Bas. Auch sie kündigt ein Ja an, gibt aber zu bedenken: „Ein Fass ohne Boden will keiner.“