Athen. Das bange Warten hat ein Ende, die Liste aus Athen ist da: Gerade noch rechtzeitig reichte Griechenland Donnerstagabend seine Reformvorschläge in Brüssel ein. Aber genügen sie auch den Ansprüchen der Gläubiger?
Griechenland hat seine Reformvorschläge kurz vor Ablauf einer Frist in Brüssel vorgelegt und den Ball damit an die Euro-Finanzminister weitergereicht. Am späten Donnerstagabend ging die von Athen angeforderte Liste bei Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ein, wie dessen Sprecher über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mitteilte. Ob die Vorschläge für ein drittes Hilfspaket ausreichen, müssen jetzt die Kreditgeber beurteilen.
Die Hoffnung auf eine baldige Entschärfung der Schuldenkrise bleibt durch die fristgerechte Vorlage vorerst am Leben. Fällt das präsentierte Reformpaket zur Zufriedenheit der Geldgeber aus, könnten sie ein neues Hilfsprogramm und eine Zwischenfinanzierung gewähren. Allein im Juli muss Athen seinen Gläubigern 4,2 Milliarden Euro zurückzahlen, ohne frisches Geld droht somit der "Grexit".
Die Vorschläge aus Athen müssen nun zunächst von Experten der EU-Kommission, Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ausgewertet werden. Am Samstag könnten die Euro-Finanzminister dann bei einem Treffen in Brüssel grünes Licht geben. Nur wenn sie das Programm für zustimmungsfähig erachten, könnte wiederum ein doppelter Sondergipfel der Euro- und EU-Staaten am Sonntag den Weg für ein weiteres Hilfspaket ebnen.
Die Budgetwirkung des griechischen Sparprogramms beläuft sich dem Vernehmen nach auf zehn bis zwölf Milliarden Euro. Demnach soll die Mehrwertsteuer für Hotels von 6,5 auf 13 Prozent und im Gastronomiebereich von 13 auf 23 Prozent steigen. Zudem solle die Möglichkeit von Frühverrentungen fast komplett abgeschafft werden. Eine offizielle Bestätigung hierfür gab es zunächst nicht.
In Erwartung der Athener Reformliste hatte Gipfelchef Donald Tusk vorab wissen lassen: "Dem realistischen Vorschlag aus Griechenland muss ein ebenso realistischer Vorschlag der Gläubiger zur Schuldentragfähigkeit entsprechen. Nur dann werden wir eine Win-Win-Situation haben." EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sprach von großen Problemen, falls kein vollständiges Paket aus Athen kommen sollte.
Das Parlament in Athen könnte griechischen Medienberichten zufolge bereits am Freitag über das Sparprogramm beraten und Finanzminister Euklid Tsakalotos im Schnellverfahren beauftragen, die nötigen Verträge zur Einigung mit den Gläubigern zu unterzeichnen. Die endgültige Billigung des Sparprogramms solle dann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Ministerpräsident Alexis Tsipras will die Abgeordneten seines Linksbündnisses Syriza nach dpa-Informationen vom Fraktionszwang befreien und eine Mehrheit im Zweifelsfall mit Hilfe von Oppositionsstimmen sichern, um einen Regierungsbruch zu vermeiden.
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Diplomaten in Brüssel machten deutlich, dass Griechenland nun härtere Auflagen erfüllen müsse als noch im Ende Juni formulierten Kompromissvorschlag der EU-Institutionen vorgesehen. Schon diesen Entwurf hatten die Griechen aber in einem Referendum mehrheitlich abgelehnt. Weil sich die wirtschaftliche Lage des Krisenlandes wegen der geschlossenen Banken und Kapitalverkehrskontrollen inzwischen weiter verschlechtert habe, ist der Sparzwang nun aber umso größer.
Der IWF plädiert nach wie vor für eine Umschuldung, einen klassischen Schuldenschnitt lehnen maßgebliche Euro-Staaten wie Deutschland bislang kategorisch ab. Am Mittwoch hatte Athen beim europäischen Rettungsfonds ESM ein drittes Hilfspaket mit drei Jahren Laufzeit beantragt. Finanzexperten der EU-Kommission, der EZB und des IWF prüften daraufhin, ob die Voraussetzungen wie die Schuldentragfähigkeit dazu vorliegen. Diese Grundsatzprüfung erfolgt unabhängig von den eigentlichen Reformvorschlägen. (dpa)