Sousse.. Ein bewaffneter Islamist hat ein Gelände attackiert, auf dem europäische Touristen Urlaub machen. Mindestens 39 Menschen starben, auch ein Deutscher.
- Attentat auf das Hotel "Imperial Marhaba" im tunesischen Urlaubsort Sousse
- Behörden sprechen von mindestens 39 Toten
- Ein Verdächtiger wurde getötet
- Unter den Opfern sind auch Menschen aus Deutschland
- Reiseveranstalter Tui bietet Gästen kostenlose Stornierungen an
Bei dem Terroranschlag im tunesischen Touristenort Sousse ist mindestens ein Deutscher getötet worden. Eine weitere deutsche Staatsangehörige sei verletzt worden, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Samstag in Berlin. Damit bestätigte er frühere Angaben des tunesischen Gesundheitsministeriums.
Viele Vermisstenfälle hätten inzwischen aufgeklärt werden können, sagte Steinmeier. "Jedoch können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht völlig ausschließen, dass noch einige wenige Deutsche unter den Opfern sind." Das Auswärtige Amt arbeite mit den Sicherheitsbehörden am Ort und dem Innenministerium daran, dass auch in diesen Fällen schnellstmöglich Klarheit herrsche.
Mindestens 15 Briten unter den Toten in Sousse
Unter den 39 Toten des Terrorattentats auf ein Ferienhotel in Tunesien sind mindestens 15 Briten. Das gab Außenstaatssekretär Tobis Ellwood am Samstag in London bekannt. Die Zahl könne noch steigen. Indessen haben britische Reiseveranstalter am Samstag 1000 Landsleute ausgeflogen und nach Hause zurückgebracht. 5400 Briten seien noch in Tunesien, hieß es.
Tunesiens Regierungschef Habib Essid hatte am frühen Samstagmorgen erklärt, dass "die Mehrheit" der Toten aus Großbritannien komme. Nach Angaben des Sprechers eines deutschen Konsularteams vor Ort kann es noch einige Zeit dauern, bis klar ist, viele Deutsche insgesamt ums Leben kamen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier kündigte für Samstagabend eine Stellungnahme in Berlin an.
Tunesischer Student war der Täter
Der mutmaßliche Täter war ein tunesischer Student, der am Freitag das Hotel "Imperial Marhaba" in Sousse überfallen hatte, rund 120 Kilometer von der Hauptstadt Tunis entfernt. Laut Augenzeugen zückte er am belebten Strand des Hotelkomplexes eine Waffe und eröffnete das Feuer. Sicherheitskräfte töteten ihn. Zu dem Angriff bekannten sich in der Nacht zum Samstag - in einem nicht verifizierbaren Tweet - Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat.
Der britische Premierminister David Cameron bereitete die Öffentlichkeit auf weitere schlimme Nachrichten aus Tunesien vor. "Viele von denen, die starben, waren Briten", sagte er im BBC-Fernsehen. Das Außenministerium in London hatte zunächst fünf britische Todesopfer bestätigt. Nach Angaben des irischen Außenministeriums ist auch eine Frau aus Irland unter den Opfern.
Die Regierung in Tunis kündigte einen entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus an. Unter anderem sollen innerhalb einer Woche bis zu 80 Moscheen geschlossen werden, in denen weiterhin "Gift zum Terrorismus" verbreitet werde. Daneben sollten verdächtige Parteien oder Vereine überprüft und eventuell aufgelöst werden.
Anschlag ist Gift für den Touirismus
Der britische Premier Cameron sagte: "Diese Terroristen werden keinen Erfolg haben. So sehr sie versuchen, die Menschen in aller Welt zu entzweien, so sehr werden sie uns nur enger zueinander bringen und in unserer Entschlossenheit vereinen, diese islamistischen Extremisten zu besiegen - und alles, wofür sie stehen."
Der Anschlag droht dem Tourismussektor Tunesiens massiv zu schaden. Das genau dürfte nach Ansicht von Terrorismusexperten das Ziel solcher Anschläge sein. Die Islamisten wollen das Land destabilisieren - um dann nach der Macht zu greifen. Reiseveranstalter bieten ihren Kunden an, kostenlos umbuchen oder stornieren zu können - der Konzern Tui flog in der Nacht zum Samstag bereits die ersten 80 Gäste aus. Das Unternehmen berichtet von aktuell etwa 260 deutschen Urlaubern in Sousse. Britische Anbieter stellten mindestens zehn Flugzeuge bereit, um Tunesien-Touristen nach Hause zu holen.
Anschläge auch in Frankreich und Kuwait
Neben dem Anschlag in Tunesien war es am Freitag auch in Kuwait und Frankreich zu mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlägen mit vielen Toten gekommen. Kuwaitische Behörden nahmen nach dem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee 18 Tatverdächtige fest, wie der Nachrichtenkanal Al-Arabija berichtete. Bei dem Attentat wurden mindestens 27 Gläubige getötet und 227 verletzt.
Frankreich verhängte nach dem Terroranschlag auf ein Werk für Industriegase bei Lyon die höchste Sicherheitsstufe für Industrie-Anlagen. Der 35 Jahre alte Täter mit islamistischem Hintergrund hatte die Industriegasfabrik überfallen - möglicherweise plante er, sie in die Luft zusprengen. Nachdem er am Tatort überwältigt worden war, wurde die Leiche eines Geschäftsmannes entdeckt. Das Opfer soll der Chef des Terroristen gewesen sein.
Ob die drei Anschläge in Zusammenhang stehen, war zunächst unklar. Am Montag nächster Woche jährt sich zum ersten Mal, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) das Kalifat ausgerufen hat.
Ramadan gilt eigentlich als Friedensmonat
Der Ramadan gilt unter den Muslimen eigentlich als Monat des Friedens. Im Fastenmonat sollen die Menschen Enthaltsamkeit üben und in sich gehen. Damit gehört der Ramadan im Islam zu den vier Monaten, in denen Kriege eigentlich verboten sind (Dhul Qadah, Dhul Hidscha, Muharram und Radschab).
Dschihadisten wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) rufen ihre Anhänger am Ramadan aber sogar ausdrücklich zum Kampf und zu Anschlägen auf. Sie sehen sich damit in der Tradition des Propheten Mohammed, der eine seiner wichtigsten Schlachten im Ramadan geführt hatte. Bei der Schlacht von Badr besiegte er im Jahr 624 die Mekkaner.
Islamische Extremisten gehen aufgrund der Überlieferungen aus dem Leben des Propheten davon aus, dass ein Märtyrertod im Ramadan den Kämpfern im "heiligen" Krieg die höchsten und besten Plätze im Paradies beschert.
Auch Kriege zwischen verfeindeten Staaten wurden im Ramadan geführt: Einer der bekanntesten war der "Jom-Kippur"-Krieg im Jahr 1973, als Ägypten Israel mitten im Fastenmonat angriff. (dpa)