Die Queen ist da – und das halbe Land ist entzückt. Kindergartenkinder winken am Straßenrand, Schüler schwänzen den Unterricht, erwachsene Menschen stehen sich die Beine in den Bauch, um einen Blick auf die Engländerin zu erhaschen.

Was ist da los? Ist das ein letztes royales Zucken, eine heimliche Sehnsucht nach der Monarchie? Oder schwingen die Deutschen in diesen Tagen ihre England-Fähnchen, weil das zur europäischen Folklore einfach dazu gehört und die Queen nun mal Kultstatus hat als Hundebesitzerin mit Dauerwelle und Lackleder-Handtasche?

Die Queen jedenfalls ist mehr als das Oberhaupt einer Großfamilie, die mit ihren Liebesdramen, Schwangerschaften und Scheidungen seit Jahrzehnten die Lufthoheit in den Wartezimmern deutscher Arztpraxen verteidigt. Die Queen verkörpert im Grunde etwas Unmögliches: Sie ist von gestern und gleichzeitig hochmodern – ein Relikt aus einer anderen Zeit und ein menschlicher Anker für alle, die sich in einer immer schnelleren Welt nach Beständigkeit sehnen.

Hinzu kommt: Die meisten Deutschen kennen Großbritannien gar nicht mehr ohne diese Queen. England und Elizabeth – das ist für die Mehrheit eine untrennbare Einheit. Die Queen, so fühlt es sich an, war schon immer da. In Deutschland dagegen machen selbst beliebte Kanzler oder Bundespräsidenten ihren Job immer nur auf Zeit. Die Queen aber wirkt inzwischen zeitlos.

Was es gibt, ist eine große Sehnsucht nach glaubwürdigem Personal in der Politik. Nach Führungsfiguren, die über den Tellerrand des Tagesgeschäfts blicken. Nach Menschen, die Werte verkörpern und sie nicht alle Nase lang ändern, nur weil es der Zeitgeist so will oder die neue Parteistrategie oder der Geschmack der Medien. Die Queen und ihre royale Welt sind sperrig, unzeitgemäß und undemokratisch – aber genau deshalb für viele so beeindruckend.

Was auch daran liegt, dass Elizabeth es schafft, trotz Palast und königlichem „Pomp and Circumstance“ das Image einer bescheidenen, höflichen Frau zu pflegen, die mit geradem Rücken durch die Krisen gegangen ist.