Brüssel. Diese Woche dürfte für die griechische Schuldenkrise entscheidend werden. Die Finanzminister halten jetzt einen Deal mit der griechischen Regierung im Laufe der Woche für möglich.

Fünf Monate hat man sich Zeit gelassen, jetzt kommt es zum Beratungsstau. Die Konsens-Maschine läuft heiß. Neue Vorschläge aus Athen, Begutachtung durch die Experten der Gläubiger-Institutionen Europäische Zentralbank (EZB), Internationaler Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission, anschließende Bewertung durch die Euro-Finanzminister, schließlich politische Abrundung und Bekräftigung durch die Staats- und Regierungschefs - es ist ein aufwendiger Prozess, der üblicherweise Tage, wenn nicht Wochen in Anspruch nimmt. Doch die Griechen und ihre EU-Partner haben sich in Verdrückung gebracht. Es zeigt sich rasch, dass an diesem Montag nicht alles im Schweinsgalopp erledigt werden kann.

Das jüngste Angebot der Regierung in Athen sei erst am frühen Morgen eingetroffen, sagt Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach Beratungen mit Wolfgang Schäuble und den anderen Finanzministern.der Eurozone. „Begrüßenswert, ein positiver Schritt“, lobt der Niederländer. Aber „angesichts der sehr knappen Zeit zur Überprüfung waren die Institutionen außerstande, uns eine umfassende und detaillierte Bewertung zu liefern.“ Ohne eine solche kann wiederum die Eurogruppe den Staats- und Regierungschefs keine Beratungsgrundlage auf den Tisch legen, sorry.

Staatschefs sind "das Zuwarten" leid

Denn eigentlich steht den Finanz-Ministern das entscheidende Wort zu. Sie müssen beurteilen, ob die griechischen Gegen-Vorschläge zu den Spar- und Reformvorstellungen der Gläubiger etwas taugen. Das schaffen sie so schnell nicht. Wozu also dann das Spitzentreffen, das EU-Ratspräsident Donald Tusk kurzfristig einberufen hat? „Ein Beratungsgipfel“, meint Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Eintreffen zu der abendlichen Zusammenkunft. Tusk selber erklärt es etwas ausführlicher „Das Zuwarten muss ein Ende haben“, sagt der Pole und fordert gegenseitigen Respekt von allen. „Die wechselseitigen Vorwürfe bringen uns nicht weiter.“ Man trage gemeinsam Verantwortung, „das schlimmste Szenario zu vermeiden – den unkontrollierbaren, chaotischen Grexit.“

Unter den Finanzminister hat sich zuvor das Verständnis für diese Strategie in Grenzen gehalten. „Die Chefs sind ja immer frei, eine andere Meinung zu vertreten“, vermerkt Dijsselbloem säuerlich. Der österreichische Ressortchef Jörg Schelling erklärt gar, er müsse jetzt „überlegen, wer die Reisekosten-Rechnung übernimmt“. Schäuble ist ebenfalls ungnädig: Der abendliche Gipfel werde wohl „relativ wenig bringen können“, grummelt der Deutsche.

Griechen machen "die ersten wirklichen Vorschläge seit Wochen"

Andere sehen die neue Post aus Athen positiver. Tusk spricht von „den ersten wirklichen Vorschlägen seit vielen Wochen“. Nach zunächst unbestätigten Berichten ist die Regierung von Premier Alexis Tsipras nunmehr bereit, die Mehrwertsteuern im Gaststätten- und Hotelgewerbe zu erhöhen, die Frühverrentung zu drosseln und die Reichen stärker zu belasten. Dafür verlangt sie Entgegenkommen beim Schuldendienst.

Auch für den EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sind die neuen Vorschläge aus Griechenland „eine solide und umfassende Basis“. Dijsselbloem sagt: „Ein Deal diese Woche ist möglich“. Den sollen die Fachleute der drei Institutionen in den kommenden beiden Tagen vorbereiten, damit er auf einer weiteren Sitzung der Eurogruppe politisch vereinbart und dann beim regulären EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag höchstinstanzlich abgesegnet werden kann. Das wäre noch gerade rechtzeitig vor dem Ende des laufenden Hilfsprogramms, in dem für die Athener Staatskasse 7,2 Milliarden zusätzlicher Kredite bereit stehen, wenn eine Einigung über die Konditionen erzielt wird.