Berlin. . Justizminister Heiko Maas bewahrt mit seiner Rede beim Partei-Konvent SPD-Chef Sigmar Gabriel vor einer Pleite.

Als alles vorüber und die SPD-Führungskrise abgewendet ist, redet sich SPD-Chef Sigmar Gabriel den knappen Sieg mit einem kleinen Seitenhieb auf die Union schön: „Ein Ergebnis von 60 Prozent in einer Partei, die diskutiert, sind besser als 100 Prozent in einer Partei, die nicht diskutiert“, meint der Vorsitzende.

Diskutiert hat die SPD tatsächlich lange über die Gesetzespläne zur Vorratsdatenspeicherung, aber dass die Genossen am Ende mit 60 Prozent der Linie des Vorsitzenden zugestimmt hätten, ist großzügig gerechnet: viel fehlte nicht, um Gabriel und die SPD-Führung zu blamieren.

Doch mit diesem Beschluss ist nun klar, dass der Bundestag mit den Stimmen von SPD und Union im September das umstrittene Gesetz zur anlasslosen Speicherung der Telefon- und Verbindungsdaten aller Bürger beschließen kann. Der Konvent beschließt als klitzekleines Zugeständnis an die Gegner, dass das Gesetz in drei Jahren wissenschaftlich auf seine Wirkung überprüft werden soll, der Gesetzentwurf wird entsprechend geändert.

Stimmung auf dem Konvent ist kritisch

Aber das ist nur Nebensache. Viel wichtiger ist: Die Delegierten haben eine drohende Führungskrise abgewendet. Gabriel hatte intern vielsagend erklärt, dass ein Nein zur Vorratsdatenspeicherung Folgen für das Machtgefüge der SPD haben würde; manche hatten das als Rücktrittsdrohung empfunden. Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärte sogar öffentlich, ein Nein zur Vorratsdatenspeicherung könne die Regierungsfähigkeit der SPD auf Spiel setzen.

Die Stimmung auf dem Konvent ist dennoch kritisch. Die Mehrheit der Landesverbände hatte sich gegen die anlasslose, massenhafte Speicherung von Verbindungsdaten ausgesprochen. Sogar Parteivize Hannelore Kraft rügt, dass Gabriel das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt habe.

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Es ist dann Justizminister Heiko Maas, der die Mehrheit rettet, für Gabriel und für sich: In seiner Rede versichert Maas, die geplante Datensammlung sei gar keine Vorratsdatenspeicherung im alten Sinn. „Hätte ich bei meiner skeptischen Haltung bleiben können, wenn es in Deutschland einen Terroranschlag gegeben hätte?“, fragt er. Der Minister kämpft, an diesem Tag erfolgreich, um seine Glaubwürdigkeit. Maas war ursprünglich gegen die Wiedereinführung der Datenspeicherung, nach dem auch der Europäische Gerichtshof eine entsprechende EU-Richtlinie gekippt hatte.

Maas sieht Gesetzentwurf als Grundlage für gesamte EU

Doch dann erzwang Parteichef Gabriel Anfang des Jahres einen Kurswechsel: Unter dem Eindruck des Terrorattentats von Paris verdonnerte er Maas überraschend, mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Und Maas lieferte. Er legte ein Gesetz vor, das die Speicherfristen für die Telefon- und Internetverbindungen auf nur zehn Wochen begrenzt. Standortdaten dürfen Telekommunikationsunternehmen sogar nur noch vier Wochen sammeln. Der E-Mail-Verkehr ist ganz ausgenommen.

Maas warb in vielen Parteiveranstaltungen für das Konzept, selbst nachdem Gabriel ihm vor zwei Wochen spöttisch attestierte, aus dem Justizminister werde noch ein „anständiger Innere-Sicherheits-Politiker“.

Nach dem Konventsbeschluss erklärt Maas stolz, der Gesetzentwurf könne Grundlage für die gesamte EU sein, nirgendwo gebe es einen derartigen Ausgleich zwischen Sicherheit und Freiheit.