Der Ex-Präsident und die unterlegene Bewerberin dürfen die Hälfte des Parteitags in Denver gestalten.Wo bleibt da der Kandidat selbst?, fragt sich Amerika. Und spekuliert über die Motive der Demokratischen Partei

Washington. Amerikanische Parteitage sind vieles, nur eben keine Parteitage. Es sind Politshows, Fernsehspektakel, Klatsch- und Jubelorgien. Und alles dient nur dem einen Zweck: Der Präsidentschaftskandidat soll als überlebensgroßer Star dastehen, als von den Massen umjubelter Heilsbringer, der auf der großen Bühne schon aussieht wie der nächste Präsident, auch wenn der Wahlkampf gerade erst richtig beginnt. Um so erstaunlicher, dass Barack Obama knapp die Hälfte seiner Jubel-Show der Familie Clinton überlässt: Hillary und Bill, ja sogar Chelsea, bekommen übernächste Woche in Denver große Auftritte - und viele in der Partei machen sich Sorgen, dass die Clintons Böses im Schilde führen könnten.

Von den vier Abenden in Denver - die Nachmittage sind den unteren Parteirängen vorbehalten und spielen im Fernsehen keine Rolle - werden die Clintons zwei dominieren: Am Dienstagabend redet Hillary Clinton zur besten Sendezeit, vorgestellt und präsentiert von ihrer Tochter Chelsea, eingerahmt von einer Filmpremiere, die die Heldentaten der früheren First Lady noch einmal ins rechte Licht rücken soll. Am Mittwochabend spricht dann Bill Clinton. Es ist der Abend, der üblicherweise dem Vizepräsidentenkandidaten gehört, doch der wird in die Nebenrolle gedrängt, wenn Bill Clinton - immer noch der Liebling der Partei - eine seiner leidenschaftlichen Reden hält.

Für vier Tage, die eigentlich ganz Obama gehören sollen, steht in Denver verdammt viel Clinton auf dem Programm, meinen auch viele Demokraten: "Obama hat offenbar Mühe, die Clintons galant von der Bühne zu schieben", sagt der linke Kommentator E.J. Dionne, "er hat die Partei immer noch nicht ganz unter Kontrolle gebracht. Dabei ist er den Clintons schon sehr, sehr weit entgegen gekommen, ohne dass ihm das gedankt wird." Drastischer drückt es die Kolumnistin Maureen Dowd aus: "Hillary will den Demokraten zeigen, dass sie den falschen Messias ausgesucht haben. Die Clintons haben es geschafft, dass es in Denver nicht um Obama gehen wird. Alles wird sich um Bill und Hillary Clinton drehen."

Solche Einschätzungen werden im Obama-Team als völlig abwegig zurückgewiesen. Im Gegenteil, gerade dadurch, dass man Hillary Clinton eine prominente Rolle gebe, sei sichergestellt, dass ihre Anhänger Obama voll vertrauen. "Alle werden begeistert von diesem Parteitag heimkehren und den Wunsch haben, das Weiße Haus zurückzuerobern", sagt Barack Obama. Und Hillary Clinton hat, auch auf Wunsch des Obama-Teams, klargestellt, dass sie ihn voll unterstützt: "Wir werden Obama geschlossen nominieren und die Einheit der Partei stärken, bevor wir ihn zum Präsidenten wählen und unser Land auf den Weg von Frieden und Wohlstand zurückführen werden." Das Problem an solchen Kommentaren Hillary Clintons ist, dass sie immer etwas floskelhaft und gekünstelt klingen. Hat sie sich wirklich damit abgefunden, dass Obama Kandidat der Partei ist?

Howard Wolfson, früherer Clinton-Berater, sagte in dieser Woche, dass Hillary Clinton die "Primaries" bestimmt gewonnen hätte, wenn damals schon bekannt gewesen wäre, dass John Edwards, der dritte Kandidat in den "Primaries", in eine Sex-Affäre verwickelt war. Wolfsons Kommentar nährt den Verdacht, dass die Clintons die Niederlage noch nicht verwunden haben.

Und noch etwas ist kurios: Hillary Clinton hat durchgesetzt, dass in Denver auch über ihre Nominierung förmlich abgestimmt wird. Ziel sei es aber nicht, eine Kampfabstimmung zu veranstalten, sondern ihren Anhängern Respekt zu zollen. Sie selbst will dann in einer großherzigen Geste die eigene Stimme nutzen, um Obama und nicht sich selbst zu wählen.