Berlin. . Mehrheit für Homo-Ehe in Irland belebt Diskussion in Deutschland. Aber die Union blockiert die volle Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften

Das „Ja“ der Iren zur Homo-Ehe hat neuen Zündstoff für die Debatte in Deutschland geliefert: Der Druck auf die Gegner der Gleichstellung von homosexuellen Lebenspartnern und Ehepaaren wächst. „Frau Merkel muss jetzt ihren Widerstand gegen gleiche Rechte für Lesben und Schwule aufgeben. Wir werden sie da jetzt treiben“, kündigte Grünen-Politiker Volker Beck an. Doch die Chancen für ein neues Eherecht stehen derzeit schlecht.

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„In dieser Wahlperiode wird es keine komplette Gleichstellung für homosexuelle Partner geben“, bekräftigte der familienpolitische Sprecher der Union, Marcus Weinberg, gegenüber dieser Redaktion. Das katholisch geprägte Irland dagegen hatte sich mit über 60 Prozent für die völlige Gleichstellung der Homo-Ehe ausgesprochen. Irland ist das erste EU-Land, in dem per Volksabstimmung entschieden wurde, dass Schwule und Lesben künftig heiraten dürfen. Bis 1993 waren homosexuelle Beziehungen dort noch strafbar.

Union blockiert Fortschritte

In Deutschland blockieren CDU und CSU seit Jahren einen solchen Schritt. Zwar gibt es einzelne CDU-Politiker, die jetzt hoffnungsvoll auf die Iren schauen – die Mehrheit aber will, dass die Ehe heterosexuellen Paaren vorbehalten bleibt. Zum Ärger der SPD: „Wir versuchen, in allen Lebensbereichen die Gleichstellung durchzusetzen – geraten aber immer wieder an Grenzen durch den Koalitionspartner“, sagte SPD-Vize Carola Reimann gegenüber dieser Redaktion.

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Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) hält ein volles Eherecht mit der Union für „schwer realisierbar“. Die meisten Bundesbürger dagegen würden sich Umfragen zufolge ähnlich entscheiden wie die Iren – sogar die Mehrheit der Unionswähler sei für die Gleichstellung der Homo-Ehe.

Verfassungsgericht musste einschreiten

Schritt für Schritt ist die Gleichstellung in Deutschland in den letzten Jahren vorangekommen. In etlichen Fällen musste das Verfassungsgericht Reformen einfordern: Seit 2001 gibt es das Lebenspartnerschaftsgesetz für Lesben und Schwule, doch erst seit 2013 können homosexuelle Lebenspartner das Ehegattensplitting nutzen, und erst seit kurzem dürfen sie Kinder adoptieren – aber auch nur in solchen Fällen, in denen das Kind bereits zuvor von einem der beiden Partner adoptiert worden war.

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Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, „rechtliche Regelungen zu beseitigen, die gleichgeschlechtliche Partnerschaften schlechter stellen“. Nach Medienberichten plant Justizminister Heiko Maas (SPD) derzeit Verbesserungen in 23 Bereichen. Wo heute vom „Ehegatten“ die Rede ist, soll künftig auch der „Lebenspartner“ erwähnt werden. Es ist ein weiterer kleiner Schritt zur Gleichstellung – mehr nicht.

Schmerzgrenze für die Union: Kinder

Volker Beck, Innenexperte der Grünen, rechnet derzeit mit etwa 150 Regelungen in über 50 Gesetzen, die nach wie vor einen Unterschied zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft machen. Benachteiligt würden Lebenspartner unter anderem im Infektionsschutzgesetz, im Bundesvertriebenengesetz und bei der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung.

Vieles davon ist für die Union verhandelbar, die Schmerzgrenze aber liegt dort, wo es um Kinder geht – etwa beim gemeinsamen Adoptionsrecht oder bei der Kinderwunschbehandlung. Staatliche Zuschüsse für eine künstliche Befruchtung soll es auch weiterhin nur für verheiratete Paare geben. Unverheiratete oder lesbische Paare sollen die hohen Kosten für die Kinderwunschbehandlung in der Regel weiterhin selbst tragen müssen. „Wir haben viel für die Stärkung der Rechte und Pflichten der Partner getan“, sagt Familienexperte Weinberg. Doch „insbesondere wenn es um Kinder geht, gibt es auch Grenzen.“

Nach dem Votum der Iren forderte am Montag die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine offene Abstimmung im Bundestag – ohne den üblichen Fraktionszwang: „Ich bin sicher, die große Mehrheit der Parlamentarier ist für die Homo-Ehe“, so die parteilose Christine Lüders.