Tripolis/Berlin. Die EU-Pläne für einen Militäreinsatz gegen Schleuser stoßen auf heftige Kritik. Libyens international anerkannte Regierung lehnt das Vorhaben ab.
Libyens international anerkannte Regierung hat EU-Pläne für Kampfeinsätze gegen Schleuser in Häfen des Landes abgelehnt. Jeder Verstoß gegen die Souveränität Libyens werde nicht akzeptiert, sagte Regierungssprecher, Hatim al-Aribi, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Er betonte allerdings den Wunsch der Behörden, mit der EU bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität umfassend zu kooperieren. Auch Hilfsorganisationen kritisierten die jüngsten EU-Beschlüsse.
Die Europäische Union hatte am Montag ein Konzept gegen Schleuserbanden beschlossen, die Flüchtlinge von Libyen aus in die EU bringen wollen. Ein Dreistufenplan beinhaltet eine verbesserte Aufklärung, eine Durchsuchung von Schleuser-Schiffen auf See sowie mögliche Einsätze in Libyen selbst. Über das Bürgerkriegsland werden Schätzungen zufolge 80 Prozent des Menschenschmuggels über das Mittelmeer abgewickelt.
Hilfsorganisationen: militärisches Vorgehen wirkungslos
Menschenrechtler aus Deutschland kritisierten die EU-Pläne als kontraproduktiv. Das Vorhaben sei "Verrat an Europas Werten", sagte der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, im WDR5-"Morgenecho". Für viele Menschen werde die Flucht damit teurer und länger. "Es ist eine Illusion zu glauben, dass eine hochgezogene Festung Europa, abgeschottet vom Rest der Welt so weiterleben kann wie bisher", sagte Burkhardt.
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Aus Sicht der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer wäre ein militärisches Vorgehen gegen Schleuser wirkungslos. "Diese Maßnahme wird die Schlepper nicht von ihrem Geschäft mit den Flüchtlingen abhalten und gefährdet die Flüchtlinge", sagte ein Sprecher der Organisation laut Mitteilung. "Es werden weiterhin viele Kinder und Erwachsene im Meer vor Afrika sterben."
Waffeneinsatz nur im Notfall
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, kritisierte die EU-Beschlüsse als sehr zögerlich. "Wir wollen einfach nicht mehr zusehen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken, die vor all diesen schrecklichen Dingen fliehen und irgendwo Schutz suchen", sagte die SPD-Politikerin dem Sender n-tv. Sie plädierte für eine bessere Seenotrettung von Flüchtlingen und eine gemeinsame EU-Asylpolitik. "Da werden im Moment leider sehr kleine Brötchen gebacken."
Der Fraktionsvorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, verteidigte hingegen einen Militäreinsatz: "Wir sollten als Europäische Union, angesichts dieser Katastrophe im Mittelmeer, nicht von vornherein Optionen ausschließen, wenn wir die Möglichkeit haben solche unsicheren Boote unschädlich zu machen", sagte der CSU-Politiker im Bayerischen Rundfunk. Er betonte jedoch, dass ein Einsatz mit Waffen gegen Schlepperbanden nur im Notfall durchgeführt werden sollte. "Ein militärisches Vorgehen kann nur der allerletzte Schritt sein", sagte der Christdemokrat. (dpa)