Düsseldorf. . Wie sind die Klimaschutz-Ziele durchsetzbar, ohne die Arbeitsplätze ganzer Branchen zu gefährden? NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) widerspricht seinem Parteichef Sigmar Gabriel

Der Kampf um die Braunkohle spaltet Klimaschützer und Gewerkschaften, aber auch die SPD in den Ländern und im Bund. Mittendrin steckt NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD), den Tobias Blasius befragte.

Tausende haben gegen das Braunkohle-Konzept Ihres Parteichefs Sigmar Gabriel mobil gemacht. ­Hätten Sie ihn nicht entschiedener stoppen müssen?

Garrelt Duin: Wir haben als ­Wirtschaftsminister der betroffenen Braunkohle-Länder deutlich gesagt, dass wir das Konzept der Bundesregierung für falsch halten. Es geht uns dabei nicht um das Drehen an Detailschrauben, sondern um einen grundsätzlich anderen Weg, um die Klimaziele zu erreichen.

Wenn im Kraftwerks­bereich bis 2020 zusätzlich 22 Millionen Tonnen ­Kohlendioxid eingespart werden sollen, werden alte Braunkohle-Meiler nicht unge­schoren davon kommen. Was ist so schlimm an der Klimaabgabe?

Es ist schlicht Unsinn, dass allein die Braunkohle für das Erreichen der Klimaziele verantwortlich sein soll. Wenn die Bundesregierung an ihren ursprünglich ehrgeizigen Ausbauvorhaben bei der Kraft-Wärme-Koppelung festhalten würde, könnte sie alleine damit CO2-Tonnen im zweistelligen Millionen­bereich sparen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass auf der einen Seite Klimaschutz-Anstrengungen unterlassen und auf der ­anderen Braunkohle-Reviere hart getroffen werden.

Ist der Kampf um die Braunkohle im Zeichen der Energiewende nicht ­ohnehin vergebens?

Wir haben einen klaren Fahrplan für den Strukturwandel in den Braunkohle-Revieren. Auf den müssen sich die Beschäftigten und das Unternehmen verlassen können. Die Landesregierung arbeitet an einer Leitentscheidung, die das ­Ausmaß des Tagebaus zwischen 2030 und 2045 beschreiben soll. Da kann es nicht sein, dass aus Berlin Vorschläge kommen, die das Aus für ganz wesentliche Teile der Braunkohle schon 2020 bedeuten ­würden. Das hätte mit Struktur­wandel nichts mehr zu tun, das wäre Strukturbruch.

Wie wollen Sie den Strukturbruch abwenden?

In den kommenden Monaten fallen alle maßgeblichen Entscheidungen für den deutschen Energiemarkt der nächsten Jahre. Das ist eine kom­plexe Angelegenheit, die man nicht mit medialer Kraftmeierei angeht, sondern mit detaillierten und fach­lichen Gesprächen. Die führen wir gerade mit Sigmar Gabriel.

Bei der EEG-Reform, dem Landesklimaschutzplan oder zuletzt beim NRW-Vergaberecht wurde Ihnen lange Zögerlichkeit vorgeworfen, doch am Ende setzte sich überraschend Ihre Linie durch. Warum scheuen Sie den öffentlichen Streit?

Ich will an den tatsächlichen Ergebnissen gemessen werden. Mit denen bin ich zufrieden, weil es bei den genannten Beispielen gelungen ist, die begründeten Interessen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft durchzusetzen.