Rom/Berlin. .
Das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer hat einen grausamen Höhepunkt erreicht: Bei einem Bootsunglück vor der Küste Libyens sind in der Nacht zu Sonntag bis zu 920 Menschen ums Leben gekommen – innerhalb nur einer Woche sind damit im Mittelmeer mehr als tausend Flüchtlinge ertrunken.
Die Katastrophe löste international Bestürzung aus. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sprach von einer „der größten Tragödien, die jemals im Mittelmeer geschehen sind.“ Papst Franziskus forderte mehr Unterstützung für Italien, das die meisten Bootsflüchtlinge aufnimmt.
Das Unglück ereignete sich in der Nacht zum Sonntag 60 Seemeilen vor der libyschen Küste. Flüchtlinge auf einem völlig überladenen Fischerboot hatten einen Hilferuf abgesetzt. Als sich ein portugiesischer Frachter näherte, eilten viele der Menschen auf die entsprechende Seite des Bootes, das daraufhin kenterte. Bis zum Abend wurden 28 Menschen gerettet und 24 Leichen geborgen – doch an Bord sollen nach Angaben eines Überlebenden rund 950 Menschen gewesen sein. Die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, war gestern nur noch gering.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte eine europäische Antwort auf das Flüchtlingsproblem und bezeichnete die Bekämpfung von Schlepperbanden als zentralen Punkt. Doch Politiker von Koalition und Opposition verlangten gegenüber der WAZ auch weitere Konsequenzen: SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte, die EU müsse jetzt schnell handeln und eine maritime Rettungstruppe aufstellen, um künftige Katastrophen im Mittelmeer wirksam zu verhindern. Zugleich müsse härter gegen die Schlepperbanden vorgegangen werden, die „ein mieses Geschäft mit dem Tod betreiben“, sagte Fahimi.
Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter warnte: „Angesichts ertrinkender Flüchtlinge den Kurs der Abschottung fortzuführen, ist zynisch.“ Die Flüchtlingsdramen seien eine Schande für Europa, so Peter. Es sei ein tödlicher Fehler der EU gewesen, das Rettungsprogramm „Mare Nostrum“ durch den Frontex-Einsatz „Triton“ zu ersetzen. Das frühere Rettungsprogramm war nicht nur finanziell besser ausgestattet, sondern unternahm Hilfseinsätze bis in die libyschen Gewässer – „Triton“ patrouilliert dagegen in der Regel nur 30 Seemeilen vor der italienischen Küste und der Insel Lampedusa, sagte Peter.