Siegburg. Die FDP bemüht sich beim Landesparteitag in Siegburg um Aufbruchstimmung. Parteichef Lindner ließ in seiner Rede beim Thema Griechenland aufhorchen.

Fast eine Stunde beschwört Christian Lindner das Ende der liberalen Depression. Weil die große Bühne im Bundestag fehlt, nutzt der FDP-Vorsitzende den NRW-Landesparteitag in Siegburg zur inhaltlichen Kursbestimmung. Das politische Comeback in Hamburg soll in der FDP neue Kräfte freisetzen. Lindner will mit Trippelschritten von unten zurück nach oben und endlich wieder über eigene Projekte reden.

Ein unsolides Griechenland kann ruhig austreten

Der Mann mit den drei FDP-Hüten – Vorsitzender in Bund, Land und Landtagsfraktion – sieht für die Liberalen nach langer Durststrecke wieder Land. Lindner bemüht alte Tugenden: Mut zur Klarheit, Verzicht auf Populismus, Glaubwürdigkeit. Und seine Botschaften bieten genug politischen Sprengstoff. Griechenland soll nur dann Euro-Land bleiben, wenn es die zugesagten Reformen angeht. „Die Euro-Zone wird nicht geschwächt, wenn ein unsolides Griechenland die Euro-Zone verlässt.“ Lindner warnt vor der politischen Ansteckungsgefahr, wenn Athen mit EU-Geldern gepäppelt wird und drängt die Europäische Zentralbank, alle Programme notfalls zu stoppen.

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Bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung droht die FDP dem Bund mit einer Klage, wenn Daten der Bürger nicht geschützt werden. Und in der Klimaschutzpolitik sollen Bund und Land Brüsseler Vorgaben nur noch 1:1 umsetzen und auf „überambitionierte“ zusätzliche Auflagen verzichten. „Die Klimapolitik von Remmel macht nur Sinn, wenn man daran glaubt, dass man die Erderwärmung zwischen Bielefeld und Bonn stoppen kann“, stichelt der Oberliberale unter Beifall der 400 Delegierten.

Die Angst vor dem Vergessenwerden macht einig

In Siegburg präsentiert sich eine in der Angst vor dem Vergessenwerden geschlossene Partei. Die jüngsten Umfragen mit bundesweit fünf Prozent machen Mut, aber wer weiß schon?

Im Leitantrag stimmt die Partei für ein bürokratiefreies Jahr für Unternehmensgründer. Die FDP fürchtet eine schleichende De-Industrialisierung, weil deutsche Konzerne 2014 erstmals mehr im Ausland als im Inland investiert haben. Und dass NRW die konkrete Auflistung des Unterrichtsausfalls wegen des bürokratischen Aufwands ablehnt, der Bund aber „1600 schwer bewaffnete Zollbeamte“ in die Betriebe schickt, um den Mindestlohn zu kontrollieren, trifft auf den Protest der Liberalen.

Keine Kontroverse - Papke wird das Mikro abgedreht

Nur einmal wird die große Harmonie des Parteitreffens gestört. Als Landtagsvizepräsident Gerhard Papke in der Debatte zur Flüchtlingspolitik offen gegen das Kopftuch für Lehrerinnen wettert, rumort es im Saal. Papke fordert mehr Mut der Liberalen, sich auch gegen den „Mainstream“ zu stellen. Die Parteitagsregie gibt die Antwort: Sie dreht Papke einfach den Saft fürs Mikrofon ab. Eine neue Rechts-Links-Debatte in der Partei ist nicht erwünscht.

Der Parteitag spricht sich für eine qualifizierte Zuwanderung aus. Deutschland müsse „den klugen Köpfen aus aller Welt den roten Teppich ausrollen“. Für Asylbewerber sollen die Verfahren innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden.

Mit der Einführung von „Ideenlaboren“ geht die Mitmach-FDP neue Wege. Zwei Stunden lang diskutieren die Liberalen in fünf Foren Fragen von Bildung, Staatsfinanzen, Leistung, Selbstbestimmung und Menschenrechte. Im Bereich Bildung sieht die liberale Einmann-Spitze die Politik vor einer riesigen Herausforderung: „Wir brauchen ein Mondfahrprojekt beste Bildung.“