Berlin. Die Debatte, wer der nächste SPD-Kanzlerkandidat werden soll, lässt sich nur schwer beenden - zumal sie Parteichef Gabriel jetzt selbst befeuert.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Spekulationen um die Kanzlerkandidatur seiner Partei bei der Bundestagswahl 2017 selbst neue Nahrung gegeben. Nachdem SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer öffentlich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz als Kandidaten vorgeschlagen hatte, sagte Gabriel der "Rheinischen Post" (Samstag): "Es ist ein schöner Unterschied zur CDU, dass wir nicht nur eine Person haben, der man politische Führung zutraut." Die Frage, wer die SPD in den Bundestagswahlkampf führe, werde aber erst in zwei Jahren entschieden.
Schäfer sagte dem Magazin "Spiegel": "Wer einen Europawahlkampf so gut meistert wie Martin Schulz, ist auch prädestiniert für die führende Rolle in einem Bundestagswahlkampf." Es sei die Aufgabe von Parteichef Gabriel, die Entscheidung darüber Anfang 2017 zu treffen. "Wir wollen 2017 wieder den Kanzler stellen", so Schäfer. "Das ist eine Frage von Inhalten und Haltung."
Gabriel wünscht sich mehr Selbstbewusstsein
Parteichef Gabriel war wiederholt in die Kritik geraten - zuletzt, weil er sich für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hatte. Auch wenn Gabriels Äußerungen in der "Rheinischen Post" ironisch gewesen wären, reizte er damit in der Partei doch zu erheblichen Unmut.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD), der bereits öffentlich Zweifel an einem Wahlsieg seiner Partei bei der nächsten Bundestagswahl geäußert hatte, sagte an die Adresse des Parteivorsitzenden: "Wer so über sich selbst redet, der verliert am Ende gewiss. Wenn ich eine solche Selbst-Verzwergung eines führenden Sozialdemokraten lese, wünsche ich mir in der SPD manchmal ein bisschen von dem überbordenden Selbstbewusstsein konservativer Politiker."
Das große Dilemma
SPD-Vize Ralf Stegner warnte seine Partei vor einer verfrühten Diskussion über die Kanzlerkandidatur 2017. Dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstag) sagte er: "Mir ist diese Debatte 2015 für die SPD so sympathisch wie Fußpilz." Dies gelte auch für Hymnen auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder pessimistische Wahlvorhersagen. Schäfer sagte der Zeitung, die SPD verfüge Gott sei Dank über weitere geeignete Persönlichkeiten. Neben Gabriel, der als Parteivorsitzender das erste und letzte Wort habe, zähle ohne Zweifel auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier dazu.
In der SPD nimmt angesichts der umfragestarken Kanzlerin die Unruhe zu. Gabriel steckt in einem Dilemma. Würde er wieder einen anderen ins Rennen schicken wie zuletzt Peer Steinbrück, wäre er nicht nur innerparteilich angeschlagen. Tritt er an und verliert gegen die Kanzlerin, dürfte er seinen Parteivorsitz los sein.