Die SPD-Landeschefin besucht besonders erfolgreiche mittelständische Unternehmen in NRW. Sie trifft sich mit Machern, die mit Schrauben, Pumpen, Betten, Ölfiltern oder Werbekonzepten Marktführer geworden sind

Besuch bei Hauhinco: Hannelore Kraft (li.), Ulrich Samland und SPD-MdB Christel Humme.  Foto: WAZ, Horst Müller
Besuch bei Hauhinco: Hannelore Kraft (li.), Ulrich Samland und SPD-MdB Christel Humme. Foto: WAZ, Horst Müller © WAZ

Düsseldorf. Endlich fragt sie mal keiner danach, wer der richtige Kanzlerkandidat für die SPD sei. Niemand spricht sie auf Beck oder Steinmeier an. Dafür haben ihr bisher alle gesagt, der Erfolg eines Unternehmens hänge vom richtigen Umgang mit den Mitarbeitern ab. "Die Beschäftigten sind unser größtes Kapital." Solche Sätze hört Hannelore Kraft gern. Seit einigen Tagen tourt die nordrhein-westfälische SPD-Landeschefin durch besonders erfolgreiche mittelständische Unternehmen in NRW. Trifft sich mit Machern, die mit Schrauben, Pumpen, Betten, Ölfiltern oder Werbekonzepten Marktführer geworden sind. Deren Unternehmen sie "Hidden Champions", heimliche Helden nennt.

Erste positive Folgen dieser Sommerreise spürt sie bereits. "Stolz ist für mich wieder ein ganz wichtiger Begriff geworden", sagt Hannelore Kraft. "Ich bin stolz auf das, was diese Unternehmen leisten. Aber auch stolz für uns, dass wir solche Kompetenzen in Nordrhein-Westfalen haben."

"Wirtschaft, Innovationen und Ökologie" soll einer der Schwerpunkte werden, mit denen Kraft die NRW-SPD in den nächsten Wahlkampf führt. Bevor sie dazu ihre Thesen formuliert, will sie von Spitzenmanagern des Mittelstands hören, was sie so erfolgreich macht.

Als ehemalige Unternehmensberaterin bewegt Kraft sich auf vertrautem Parkett. "Ich möchte mit Ihrer Hilfe lernen, was man noch aus Nordrhein-Westfalen rausholen kann", sagt sie in Witten, wo sie die Völker AG besucht. Der Marktführer bei Klinik- und Pflegebetten (240 Beschäftigte, 75 Millionen Euro Umsatz im Jahr) klotzt, er kleckert nicht. Produktionsabläufe wurden mit Beratern von Porsche optimiert. Gewinne durch Qualitätseinbußen beim "Genesungsambiente" zu steigern, widerspräche der Firmenphilosophie. Alle Zulieferer kommen aus der Region. "Nachhaltigkeit" nennt der Vertriebsleiter als ein Erfolgsrezept. Er verkauft 35 000 Klinikbetten pro Jahr.

Hauhinco in Sprockhövel produzierte früher Abbauhämmer für den Bergbau, hat den Wechsel zum Weltmarktführer bei Wasserhydraulik-Pumpen geschafft (25 Millionen Euro Umsatz, 110 Mitarbeiter). In das Klagelied vom Ingenieurmangel stimmt der Personalchef nicht mit ein. Hauhinco kooperiert mit namhaften Universitäten, bindet Studenten frühzeitig über Teilzeitjobs und das Angebot, ihre Diplom-Arbeit bei ihnen zu schreiben, ein. "Wer gut ist, bleibt."

Eine von Krafts Standardfragen lautet: "Was erwarten Sie von der Politik?" Hauhinco-Geschäftsführer Martin Hüttermann hätte gerne "einfachere Steuergesetze", ansonsten winkt er ab. "Unternehmer schreien nicht nach der Politik." Vergleichbares hört sie in Ennepetal bei der ABC-Gruppe (1400 Mitarbeiter, 260 Millionen Euro Umsatz), die mit "Spax" Marktführer bei Holzschrauben ist. Hier wünscht sich Geschäftsführer Wolfgang Carmele, "dass Politik sich soweit wie möglich aus unserem Geschäft heraushält". Bei ihm setzt Kraft nach: "Was stört Sie denn?" "Der Kündigungsschutz. Mit weniger Kündigungsschutz würden wir mehr Leute einstellen", sagt der Boss. Sofort reagiert der Betriebsrat. "Wenn sich die gesetzliche Lage mal ändert, komme ich wegen der Neueinstellung auf Sie zu", sagt er zum Chef.

Damit hat sie auch diese Debatte beendet und zugleich ihre Tagestour. Zwölf Stunden lang hat sie niemand nach Beck oder Steinmeier gefragt. Sollte sich das in den nächsten Wochen ändern - Kraft hat sich fest vorgenommen, dass sie dazu nichts sagen wird.