Düsseldorf. .
Auch nach dem schweren Masernausbruch in Berlin lehnt die NRW-Landesregierung eine gesetzliche Impfpflicht ab. „NRW setzt weiter auf Freiwilligkeit und umfassende Aufklärung, zumal eine Impfpflicht rechtlich möglicherweise gar nicht durchsetzbar wäre“, sagte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) der NRZ. CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn hatte mit der Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht in Kindergärten und Schulen gedroht, falls die Impfraten nicht steigen.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nannte die „irrationale Angstmacherei mancher Impfgegner verantwortungslos“. Wer seinem Kind den Impfschutz verweigere, gefährde nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte in den nächsten Wochen eine gemeinsame Aktion aller Parteien und Ärzteverbände zur Steigerung der Impfbereitschaft.
Während in Berlin 2015 bereits 447 Fälle gemeldet wurden, gab es in NRW bis Mitte Februar nur 24 neue Erkrankungen. Noch im Rekordjahr 2006 waren in NRW 1760 Menschen an Masern erkrankt. Steffens begründete die derzeit geringen Zahlen in NRW mit dem Durchimpfungsgrad von 97,7 Prozent bei der ersten Masernimpfung nach elf Monaten. An der zweiten Impfung nahmen 94,1 Prozent teil. „Eine Impfquote von 95 Prozent ist laut Weltgesundheitsorganisation ausreichend, die Masern auszurotten“, sagte Steffens. „An dieser Quote ist NRW sehr nahe dran.“ Es gäbe allerdings auch Kinder, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürften. Deshalb erfolge eine umfassende Aufklärung durch Ärzte im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Zudem wird der Impfstatus bei der Anmeldung zur Kita geprüft.
Die Ansteckungswelle in Berlin und Bayern ist der schwerste Ausbruch seit zehn Jahren. Ein Drittel der Berliner Patienten musste in die Klinik eingewiesen werden. 90 Prozent der Erkrankten waren nicht geimpft. In einer aktuellen Forsa-Umfrage sprachen sich 67 Prozent für eine allgemeine Impfpflicht aus. Kritiker der Impfung mit lebenden Viren fürchten Nebenwirkungen wie Autoimmunerkrankungen. SPD-Experte Lauterbach schloss aber angesichts der anrollenden Ansteckungswelle in Deutschland eine Impfpflicht für Kleinkinder nicht mehr aus.