Donezk/Kiew. In der Konfliktregion Donbass schweigen die Waffen. Nur vereinzelt werfen sich prorussische Aufständische und das Militär noch Angriffe vor.
Die Waffenruhe im Kriegsgebiet Ostukraine hat Hoffnungen auf eine allmähliche Entspannung im Konflikt zwischen der prowestlichen Führung in Kiew und prorussischen Separatisten genährt. Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bestätigten am Sonntag in Kiew, die Feuerpause habe in den ersten zwölf Stunden gehalten - mit einigen Ausnahmen vor allem im strategisch wichtigen Ort Debalzewo. Dort berichteten auch die Konfliktparteien weiterhin von vereinzeltem Artilleriebeschuss.
Als nächsten Schritt sollen Militär und Separatisten in den kommenden Tagen ihre schweren Waffen hinter eine Trennlinie zurückziehen, um eine Pufferzone zu bilden. Die ukrainische Armee bereitet den Abzug nach eigener Darstellung bereits vor. Die Geschütze müssten aber gleichzeitig mit den Waffen der Separatisten abgezogen werden, hieß es. Von einem "Test für den Willen zum Frieden" war die Rede.
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Lage am Verkehrsknotenpunkt Debalzewo heikel
Die Waffenruhe wurde von diplomatischen Kontakten auf höchster Ebene begleitet. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande appellierten eindringlich an alle, sich an das Minsker Abkommen zu halten. Sie hatten beim Beschluss der Kampfpause vergangene Woche in der weißrussischen Hauptstadt vermittelt, an dem auch Kremlchef Wladimir Putin beteiligt war. Merkel und Hollande telefonierten sowohl mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko als auch mit Putin. Weitere Telefonkonferenzen seien in Kürze geplant, hieß es - auch im direkten Vierer-Format.
"Der Friedensprozess steht unter schweren Vorbehalten, besonders wegen der Situation um Debalzewo", warnte Poroschenko. In Militäruniform erteilte er den Truppen vor laufenden Kameras den Befehl, die Kämpfe einzustellen. Die Lage um den Verkehrsknotenpunkt Debalzewo ist heikel, weil dort nach Darstellung der Separatisten Tausende ukrainische Soldaten eingekreist sind, was Kiew aber nicht bestätigt. US-Präsident Barack Obama äußerte in einem Telefonat mit Poroschenko seine Sorge über die Lage in Debalzewo.
Poroschenko droht mit Kriegsrecht
Sollte die Waffenruhe nicht halten, drohte Poroschenko mit dem Kriegsrecht. Dem müsste das Parlament zustimmen. Beobachter warnen vor einer Eskalation der Gewalt und einem möglichen Staatsbankrott, würde es dazu kommen.
An wichtigen Orten im Konfliktgebiet war die Lage am Sonntag zunächst ruhig. In Donezk und der Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer hörte der Beschuss auf, im Gebiet Lugansk gab es der OSZE zufolge einzelne Verstöße. In den 24 Stunden vor der Waffenruhe waren nach Angaben der Armee noch neun Soldaten getötet worden.
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Russland schickt neuen Hilfskonvoi
Die Separatisten in Donezk sprachen zudem von drei Toten am Samstag. Russland schickte erneut einen umstrittenen Hilfskonvoi mit mehr als 170 Lastwagen in den Donbass. Die Ukraine sieht darin eine Verletzung ihrer Souveränität.
Um dem Minsker Friedensplan international Nachdruck zu verleihen, brachte Russland einen Resolutionsentwurf in den Weltsicherheitsrat ein. Moskau rechne mit einer einstimmigen Annahme, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf Außenministeriumskreise. Ein Zeitpunkt für die Abstimmung war zunächst nicht bekannt. Frühere UN-Resolutionen hatte Russland blockiert.(dpa)