Berlin. Der Krisen-Gipfel zur Ukraine findet statt, auch Russlands Präsident Putin wird kommen. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich skeptisch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reist am Nachmittag nach der Trauerfeier für den verstorbenen Ex-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum Ukraine-Gipfel nach Minsk. "Dass diese Reise stattfindet, bedeutet einen Hoffnungsschimmer, aber auch nicht mehr", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

Merkel wird auf der Reise von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begleitet. An den Verhandlungen über eine Friedenslösung in der Ostukraine nehmen der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko, Frankreichs Präsident François Hollande und auch der russische Präsident Wladimir Putin teil. Die Zusage des Kremlchefs hatte das Präsidialamt in Moskau am Mittwoch mitgeteilt. Poroschenko fahre nach Minsk, "damit (in der Ostukraine) das Feuer unverzüglich und bedingungslos eingestellt und ein politischer Dialog eingeleitet wird."

Poroschenko schließt Kriegsrecht nicht aus

Bei einem Scheitern der Friedensgespräche in Minsk und neuen Gewaltexzessen im Donbass hat Poroschenko die Einführung des Kriegsrechts nicht ausgeschlossen. "Wir sind für den Frieden, aber wenn wir den Gegner schlagen müssen, werden wir es tun. Wir verteidigen unser Land bis zum Letzten", sagte er am Mittwoch in Kiew vor der Reise zu dem Krisengipfel mit Kanzlerin Angela Merkel in der weißrussischen Hauptstadt.

Bei den Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin würden die Ukraine sowie Deutschland und Frankreich "mit einer Stimme sprechen und eine bedingungslose Waffenruhe fordern", kündigte Poroschenko an. "Alles hängt vom Resultat dieses Treffens ab", sagte der prowestliche Staatschef. Er sei bereit, landesweit das Kriegsrecht zu verhängen, "falls die Taten des Aggressors eine weitere Eskalation bringen". Auch gegen Feinde im Inneren werde er kompromisslos vorgehen, sagte Poroschenko.

"Ungewiss, ob ein Ergebnis erzielt werden kann"

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Zu den Erfolgschancen sagte der Regierungssprecher Seibert: "Es gilt weiterhin, was die Bundeskanzlerin in den letzten Tagen mehrfach öffentlich gesagt hat: Es ist ungewiss, ob ein Ergebnis erzielt werden kann. Trotz aller Ungewissheit ist diese Initiative aber im Interesse der leidenden Menschen in der Ostukraine den Versuch wert."

Zu den laufenden Vorgesprächen wollte Seibert nichts sagen. Das Gipfeltreffen soll um 16.30 Uhr deutscher Zeit beginnen. Auf die Frage nach der Dauer des Gipfeltreffens sagte Seibert: "Morgen findet in Brüssel ein informeller Europäischer Rat statt, an dem die Bundeskanzlerin teilnehmen wird."

Frankreich und Deutschland wollen nach den Worten des Pariser Regierungssprechers Stéphane Le Foll die Verhandlungen in Minsk um den Ukraine-Konflikt bis zum Ziel führen. Es gehe bei den Gesprächen darum, eine gemeinsame Lösung zu finden, sagte Le Foll am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Paris. (dpa)

Tote und Verletzte bei Kämpfen vor Ostukraine-Gesprächen in Minsk 

Kurz vor dem Krisengespräch sind bei Kämpfen in der Ostukraine erneut zahlreiche Menschen getötet worden. Militärsprecher Wladislaw Selesnjow sprach am Mittwoch in Kiew von mindestens 19 Toten und mehr als 70 Verletzten in den eigenen Reihen. Die Regierungstruppen hätten nahe des Eisenbahnknotenpunkts Debalzewo mehr als 80 prorussische Kämpfer getötet, behauptete er. Die Aufständischen selbst machten keine Angaben zu ihren Verlusten.

In der Großstadt Donezk starben beim Beschuss einer Bushaltestelle mindestens sechs Menschen. Neun weitere Zivilisten wurden verletzt. Die Separatisten warfen der Armee vor, auf das Wohnviertel gefeuert zu haben. Ein Militärsprecher wies dies zurück. "Unsere Hauptaufgabe ist der Schutz der Bevölkerung, wir schießen nicht auf zivile Ziele", sagte er in Kiew. Zuvor waren den Aufständischen zufolge ebenfalls in Donezk drei Bewohner durch Artilleriefeuer ums Leben gekommen. (dpa)