Düsseldorf. . Dutzende Brücken an Rhein und Ruhr sind marode, sogar die Komplett-Sperrung von Strecken ist geplant. Neue Investitionen sollen Abhilfe schaffen.

Die Bahn nimmt in NRW Geld in die Hand. Bis zum Jahresende will sie an Rhein und Ruhr 596 Millionen Euro verbauen. Drei Milliarden werden es bis 2019 sein. Die Infrastruktur soll „fit für die Zukunft“ werden. 137 Millionen aus dem 2015er-Topf fließen in die Modernisierung von Bahnhöfen.

Sicher ist: Zwei wichtige Strecken nach Süden und Westen werden erneuert. Die Schnellfahr-Linie Köln-Frankfurt wird dafür an vier Wochenenden zwischen Mitte April und Mitte Mai komplett gesperrt. Und die Verbindung Köln-Aachen, die weiter nach Brüssel und Paris führt, muss im Sommer für mehrere Wochen unterbrochen werden. Die Umleitung kostet Pendler 45 Minuten Fahrzeit.

Kritikern reichen die angekündigten Maßnahmen nicht

In neun Korridoren hat die für die Netzausbau und -Instandsetzung verantwortliche DB Netz AG ihre großen Baumaßnahmen zwischen Rhein und Ruhr gebündelt: 29 Großbaustellen kündigte Reiner Latsch, Konzernbevollmächtigter für das Land NRW, am Mittwoch an. Dabei werden etwa 440 Weichen, über 700 Kilometer Schienen und zwölf Brücken erneuert. 163.000 Schwellen und über 260.000 Tonnen Schotter werden ausgetauscht. Insgesamt gibt es 975 größere und 8500 kleinere Baustellen in NRW.

Doch das sind Tropfen auf den heißen Stein, fürchten Bahn-Kritiker. Denn die Bahn sagt selbst, dass nicht nur zwölf, sondern 262 Brücken Sanierungsfälle der dringendsten Kategorie sind. Im Klartext: Abriss-Kandidaten. Sie werde für die Erneuerungen zehn bis 15 Jahren brauchen. Bahn-Chef Rüdiger Grube beruhigte kürzlich: „Keine Brücke bricht zusammen“.

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Allein im nördlichen Duisburg müssen zehn Brücken ersetzt werden

Die oft mehr als hundert Jahre alten Brücken und der Zustand der Bahnhöfe – es sind die Großbaustellen des Staatsbetriebs in NRW.

Zehn marode Brücken sind im Raum des nördlichen Duisburg zu ersetzen. In Dortmund stehen sieben Abrisskandidaten. Ein Dutzend Brücken, die wirtschaftlich nicht mehr repariert werden können, konzentrieren sich in engem Abstand an der Bahn von Hagen nach Lüdenscheid.

Mehrere Brücken müssen ersetzt werden

Die Überführung über die Herzogstraße in Bochum gehört zu dem Paket der Totalsanierungen und die der S-Bahn-Linie 4 über den Heiligen Weg in Dortmund. Drei irreparable Überquerungen stehen im Kreis Recklinghausen.

Etwas besser dran ist – neben dem Niederrhein - zwar die Hauptlinie durch das Revier über Essen und Bochum. Aber auch die anschließende Rennstrecke vom Ruhrgebiet nach Berlin ist von Sanierungen betroffen: Vor Bielefeld müssen drei Brücken ersetzt werden.

Bei den Bahnhöfen ist der Zustand im Norden des Ruhrgebiets schlechter als anderswo. Nicht selten liegt Müll auf den Bahnsteigen, ist Graffiti an den Mauern. Anzeigetafeln funktionieren nicht, Rolltreppen und Aufzüge stehen.

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80 Stationen sind „nicht akzeptabel“

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat in seinem „Stationsbericht 2013“ Noten verteilt. Danach sind 133 Bahnhöfe von S- und Regionalbahnen akzeptabel. 82 weitere sind „noch akzeptabel“. Und 80 sind „nicht akzeptabel“. Wie zum Beispiel der Bahnhof Borbeck in Essen, obwohl hier jeden Tag 3400 Menschen ein- und aussteigen. Der Verkehrsverbund kritisiert allgemein, dass es bei Bänken und Anlagen auf Bahnsteigen und bei den Fahrstühlen so gut wie keinen Fortschritt gibt.

Anderswo holt die Bahn auf. Dieses Lob kommt auch vom VRR, der die beiden, teils abgeschlossenen Modernisierungsprogramme hervorhebt und die Anti-Graffitti-Aktionen. Kleinere Bahnhöfe (wie in Essen Werden, Kettwig und Stadtwald) sind inzwischen renoviert. Zwei große werden ab 2017 modernisiert: Duisburg und Dortmund Hauptbahnhof.

Jeweils 100 Millionen Euro für Hauptbahnhöfe in Dortmund und Duisburg

Duisburg bekommt ein neues Dach über den Bahnsteigen und das elektronische Stellwerk, Dortmund einen neuen Fahrgasttunnel und neue barrierefreie Zugänge. Beide Projekte kosten je mehr als 100 Millionen Euro, sind aber für den Betrieb des Rhein-Ruhr-Express ab 2023 dringend nötig. Etwas preiswerter fällt mit 32 Millionen Euro die Sanierung des Hagener Hauptbahnhofs aus.

Für den Verkehrsverbund Rhein Ruhr ist die Wunschliste damit aber noch nicht abgearbeitet. Ganz oben steht der – beschlossene – dreigleisige Ausbau der Güterzugstrecke Rotterdam- Ruhrgebiet („Betuwe-Linie“) und die Elektrifizierung der Strecke Wesel-Bocholt.

Diese Großbaustellen plant die Deutsche Bahn in NRW für 2015 

Bahreisende müssen sich auf Verspätungen und Umleitungen im Bahnverkehr in NRW einstellen. "Die neun großen Baukorridore in NRW haben teils überregionale Auswirkungen auf den Bahnbetrieb", teilte die Bahn am Mittwoch mit. Es geht zum Beispiel um die Strecken Köln – Aachen, Köln – Siegen sowie Emmerich und Emmerich Grenze zu den Niederlanden.

"Um die Auswirkungen auf die Bahnkunden so gering wie möglich zu halten, werden diese großen Baumaßnahmen frühzeitig geplant und zu so genannten Bündeln zusammengefasst". Dadurch könnten ein einem Streckenabschnitt gleichzeitig mehrere Arbeiten erfolgen und Zahl und Dauer der Einschränkungen letztlich gesenkt werden. Viele Baumaßnahmen würden zudem auf die Schulferien gelegt.

Als große Baumaßnahmen nennt die Bahn:

  • Von Mitte April bis Mitte Mai werden auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Köln und dem Rhein/Main-Gebiet auf einer Länge von 117 Kilometern die Schienen erneuert. Dazu wird die Strecke an vier Wochenenden gesperrt. Die Züge werden während dieser Zeit über die Rheinstrecke mit ca. 60 Minuten längerer Fahrzeit umgeleitet bzw. fallen teilweise aus.
  • Von Ende Juni bis Mitte August werden zwischen Köln und Aachen auf 26 Kilometern Länge die Gleise und zusätzlich im Bahnhof Langerwehe die Weichen erneuert. Fernverkehrszüge fahren mit 45 Minuten längerer Fahrzeit über Mönchengladbach. Ebenso werden Güterzüge über Venlo bzw. Emmerich umgeleitet.
  • In der gleichen Zeit werden zwischen Hennef und Au (Sieg) auf der Strecke zwischen Köln und Siegen auf 35 Kilometern die Gleise erneuert. Während der Bauzeit sind insgesamt 77 Nahverkehrszüge betroffen, einige Güterzüge müssen über die Rheinstrecke ausweichen. Es wird ein Schienen-Ersatzverkehr organisiert.
  • Blickpunkt Niederrhein und Rhein/Ruhr-Raum: Bei der Betuwe-Linie sind die Planfeststellungsunterlagen für alle zwölf Planfeststellungsabschnitte zwischen Emmerich und Oberhausen mittlerweile öffentlich ausgelegt. Weitere Erörterungstermine sind in diesem Jahr vorgesehen, heißt es bei der Bahn. Erste notwendige Vorab-Bauaröbeiten laufen an, dabei geht es um das Beseitigen von Bahnübergängen. In Voerde wird bereits an einer neuen Eisenbahnüberführung für Fußgänger und Radfahrer gebaut.
  • "Im Frühjahr beginnen die Bauarbeiten für die erste große Vorabmaßnahme im Stadtgebiet Emmerich", teilte die Bahn mit. Die Bahnstrecke wird im Zuge dessen mehrmals kurz komplett gesperrt. "ICE-Züge von und nach Amsterdam werden während der Sperrungen über Mönchengladbach und Venlo umgeleitet"; die Halte in Duisburg, Düsseldorf und Oberhausen entfallen dann jeweils. Der Nahverkehr wird auf Busse umgeleitet. Voraussichtlich im April starten die vorbereitenden Maßnahmen für die Anpassung des Stromsystemwechsels zwischen Deutschland und den Niederlanden. Zwischen Emmerich und der deutsch-niederländischen Grenze wird die Strecke über mehrere Wochen im Frühjahr und im Herbst nur auf einem Gleis befahrbar sein. Grund: die Trasse wird auf Weltkriegs-Blindgänger untersucht. Zudem werden neue Strommasten gesetzt. Güterzüge werden in diesem Zeitraum über Venlo bzw. Bad Bentheim umgeleitet.
  • Im Raum Wuppertal finden Instandhaltungsarbeiten sowie vorbereitende Baumaßnahmen für den Bau des elektronischen Stellwerks Wuppertal statt: Oberleitungen werden erneuert, Kabel verlegt und Weichen ausgetauscht. Dadurch kommt es abschnittsweise zu Streckensperrungen rund um Wuppertal. Fernzüge und Nahverkehrszüge werden zeitweise umgeleitet oder fallen aus, kündigt die Bahn an. S-Bahnnutzer werden dann wohl zeitweise auf Busse umsteigen müssen.