Köln/Düsseldorf. . Für den gestoppten „Charlie Hebdo“-Wagen zeigen Düsseldorfer Narren Verständnis. Aber deren Wagenbauer Jacques Tilly lässt sich nicht verbiegen.
Düsseldorfer und Kölner ziehen in aller Regel mit größtem Vergnügen übereinander her. Doch die Entscheidung des Kölner Festkomitees, den nicht einmal besonders bissigen „Charlie Hebdo“-Wagen für den Rosenmontagszug zu stoppen, nutzten die Narren in der Landeshauptstadt am Donnerstag nicht als Steilvorlage, sondern gaben sich diplomatisch.
„Das ist ganz alleine eine Kölner Angelegenheit“, sagte Josef Hinkel, Präsident des Comitees Düsseldorfer Karneval. Gleichwohl ließ er durchblicken, dass es womöglich nicht die klügste Idee war, schon lange vor dem Termin über ein Wagenmotiv zu debattieren.
Hinkel versicherte, für den Düsseldorfer Zug, den jedes Jahr im Schnitt eine Million Jecken besuchen, „hat sich dadurch nichts geändert. An der Kultur unserer Mottowagen lassen wir nicht rütteln, es sind Kunstwerke.“ Deren Themen werden bis zum letzten Augenblick geheim gehalten, mancher Wagen wird erst am letzten Wochenende gebastelt, um möglichst aktuell sein zu können.
Zuständig ist Baumeister Jacques Tilly (51), der keine Tabus kennt und dessen Entwürfe in jedem Jahr als die besten und schärfsten der Republik gelten. Bei dem Bildhauer, der in Essen einst Kommunikationsdesign studierte, steckte schon die Kanzlerin im Hinterteil des US-Präsidenten, Kardinal Meisner zündete einen Scheiterhaufen an, auf dem eine Frau gefesselt war, die abgetrieben hatte, und unter zwei identisch aussehenden Mullahs mit Pistolen und Sprengstoff am Bauch stand einmal „Klischee“ und einmal „Wirklichkeit“.
Katholiken empörter als Muslime
Natürlich hagelte es Proteste. „Mit den Muslimen hatte ich aber weniger Probleme als mit den Katholiken, die waren immer sehr emotional“, erzählt Tilly, der Mitglied im Kuratorium der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung ist. Für ihn gehe es nicht um Glaubensfragen, der Karneval sei „für alle da“, und alle Themen, die wichtig seien, würden verwurstet.
Was er diesmal plant, verrät Tilly nicht, gleichwohl lässt er sich nicht verbiegen: „Wir dürfen keine Schere im Kopf haben, wir müssen ja trotz aller Widrigkeiten an unserer Lebensform festhalten.“ Diskussionen mit Hinkel und den beiden anderen Düsseldorfer Karnevalsbossen über die Wagen gebe es sicherlich auch, „entschieden ist da noch nichts“. Die Kölner Entscheidung bedaure er, weil der Wagen „ein schönes Statement für die Pressefreiheit“ gewesen sei. „Aber Sicherheit geht immer vor Narrenfreiheit. Vielleicht gibt es ja Gründe, die wir nicht kennen“, so Tilly.
Besorgte Bürger
Die Kölner Polizei hat keine Erkenntnisse über eine Gefährdung. Über ihr Schutzkonzept gibt sie ebenso wenig Auskunft wie die Düsseldorfer Kollegen. Ein Mitarbeiter der Abteilung Staatsschutz soll Zugleiter Christoph Kuckelkorn empfohlen haben, den „Charlie Hebdo“-Wagen so zurückhaltend wie möglich zu gestalten, und wer das Ergebnis sieht, spürt, dass der Entwurf dieser Bitte Rechnung trug.
Aus Polizeikreisen hieß es aber, mehrere Karnevalisten hätten ihr Unbehagen darüber ausgedrückt, in der Nähe des Wagens zu laufen, aus Angst, Ziel eines Anschlags zu werden. Das dementierte ein Sprecher des Festkomitees. Es habe aber Mitteilungen besorgter Bürger gegeben, „die wir sehr ernst genommen haben“.
Immerhin: Dass sich die Büttenredner beim Thema Islamismus zügeln werden, glauben die Chef-Karnevalisten nicht. Weder in Köln noch in Düsseldorf.