Beirut. Human Rights Watch hat im Kampf gegen Terror Verstöße gegen Menschenrechte kritisiert. Demnach führen Repressionen nur zu noch mehr Extremismus.
Der Kampf gegen den Terrorismus wird nach Meinung von Menschenrechtlern zunehmend auf Kosten von Grundrechten geführt. Nach einem am Donnerstag in der libanesischen Hauptstadt Beirut vorgestellten Weltbericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) gibt es eine "Tendenz, Menschenrechte zu ignorieren, wenn es um Sicherheitsfragen geht". Auf 656 Seiten untersucht der Bericht solche Verstöße im vergangenen Jahr in mehr als 90 Ländern. Dabei kritisiert die Organisation auch, dass in Bezug auf Freiheit und Demokratie weltweit mit zweierlei Maß gemessen werde.
Menschenrechtsverstöße und Ungleichbehandlung hätten eine große Rolle beim Entstehen und Verschlimmern vieler aktueller Krisen gespielt, sagte HRW-Chef Kenneth Roth. Die Organisation weist auf der einen Seite auf die massenhafte Datenspeicherung zum Beispiel von den USA hin. Länder wie Kenia, Ägypten oder China wiederum würden mit exzessiver Gewalt auf reale oder gefühlte Terrorgefahren reagieren.
Kritik internationalen Reaktionen
Das befeuere nicht zuletzt extremistische Gewalt. "ISIS kam nicht aus dem Nichts", warnte Roth mit Blick auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der Rückzug der USA aus der Verantwortung im Irak und der Machtmissbrauch irakischer Politiker habe den Dschihadisten zu Stärke verholfen.
Am Beispiel von Ägypten kritisieren die Menschenrechtler die "beschämend unzulängliche" internationale Reaktion auf eine massive Unterdrückung der Opposition. Seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi und der Machtübernahme durch den ehemaligen Militärchef Abdel Fattah al-Sisi seien zehntausende mutmaßliche Islamisten sowie andere Aktivisten - oft ohne Anklage - inhaftiert worden. In anderen Fällen seien in unfairen Massenprozessen Todesurteile gefällt worden.
Washington macht sich unglaubwürdig
Im Nahostkonflikt wiederum hätten die USA und führende europäische Länder versucht, die Palästinenser daran zu hindern, dem Internationalen Strafgerichtshof beizutreten. Niemand habe dabei glaubwürdig erklären können, warum für diesen Konflikt andere Regeln gelten sollten als sonst. Eine solche Ungleichbehandlung untergrabe die Autorität und die Legitimität der internationalen Justiz.
In Sachen Folter hob der HRW-Bericht zwar hervor, dass US-Präsident Barack Obama die Praxis der "erweiterten Verhörmethoden" des Geheimdienstes CIA unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush zwar abgeschafft habe. Die Menschenrechtler bemängelten zugleich, dass Obama sich gegen eine Strafverfolgung der Hauptverantwortlichen sperre. Washington mache sich damit unglaubwürdig, etwa bei der Kritik an Folter in anderen Ländern. (dpa)