Berlin. . Jahrzehntelang war das für die Union kein Thema - jetzt debattiert die Partei über ein Einwanderungsgesetz und Quoten. Die Opposition applaudiert.
CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat trotz der Widerstände in seiner Partei ein Einwanderungsgesetz ins Gespräch gebracht und dafür Beifall von SPD und Grünen erhalten. "Wenn wir eine Zuwanderung wollen, die nicht nur arbeitsmarktoptimiert ist, nicht nur temporär, dann müssen wir auch über ein Einwanderungsgesetz reden", sagte Tauber.
Darin könne festgelegt werden, welchen Bedarf es an Zuwanderung gebe und was ein Zuwanderer an Fähigkeiten mitbringen solle. Auch der Familiennachzug könne geregelt werden. "Vielleicht ist in Absprache mit der Wirtschaft über Quoten für bestimmte Berufsbilder zu sprechen", sagte Tauber. "Wir reden ja jetzt schon darüber, ob etwa ein Arzt, der als Flüchtling zu uns kommt, bleiben kann."
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Tauber: Muslime sind sehr wohl gute deutsche Bürger
Tauber trat Behauptungen entgegen, Zuwanderung verstärke die islamistische Bedrohung. Erstens kämen sehr viele Migranten gar nicht aus dem islamischen Kulturkreis; zweitens sei die Vorstellung falsch, ein Muslim könne kein guter deutscher Bürger sein.
Die Schwesterpartei CSU äußerte sich zurückhaltend. Man müsse erst prüfen, ob Handlungsbedarf bestehe, sagte die Vorsitzende der CSU-Bundestagsgruppe, Gerda Hasselfeldt, im bayerischen Wildbad Kreuth. Dies könne sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
SPD begrüßt den Vorstoß
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi begrüßte den Vorstoß ihres CDU-Amtskollegen. "Deutschland ist längst ein Einwanderungsland, und es wird Zeit, dass wir uns dieser Realität stellen", sagte sie der "Welt". Fahimi forderte Tauber auf, für die CDU eine Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, "um gemeinsam mit SPD und CSU darüber zu sprechen, wie ein solches Einwanderungsgesetz aussehen sollte".
Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, bot Tauber Unterstützung an. Deutschland brauche ein modernes Zuwanderungsrecht mit Punktesystem für Fachkräfte, sagte sie der "Welt". Zugleich müsse ein Integrationskonzept aufgelegt werden, um Einwanderer und Asylsuchende tatsächlich zu Mitbürgern zu machen. "Wenn die CDU wirklich dahin will, arbeiten wir gerne gemeinsam daran." Bislang sei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aber nur durch lautes Schweigen aufgefallen und habe die Kommunikation der CSU überlassen, die das Gegenteil von dem wolle, was Tauber ankündige.
Auch von der Wirtschaft Unterstützung für Tauber
Grünen-Chefin Simone Peter meinte am Donnerstag: "Es wäre gut, wenn die Union ihre Scheuklappen ablegt und sich für die Idee eines Einwanderungsgesetzes öffnet." Ein modernes Einwanderungskonzept müsse "sowohl Schutzsuchende als auch Arbeitsmigranten und Hochqualifizierte mit einschließen".
Auch der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, unterstützte Tauber. "Wir sind ein Einwanderungsland und sollten uns offen dazu bekennen. Daraus müssen allerdings auch die Konsequenzen gezogen und klarere Kriterien festgelegt werden, wer wann und woher zu uns kommen kann", sagte er dem "Handelsblatt" am Donnerstag (Online). "Klassische Einwanderungsländer wie Kanada haben ein Punktesystem entwickelt, das wir uns zum Vorbild nehmen sollten." (dpa)