Köln.

Am Ende trauen sie sich nicht. Am Ende verharren die Pegida-Anhänger im Schatten des Deutzer Bahnhofes, schwenken ihre Deutschland-Fahnen und verzichten darauf, zum Dom zu ziehen. Gegenüber, auf der Ecke, protestieren wohl 2000 Menschen gegen sie. Nahe der Deutzer Brücke blockieren Hunderte die Straße, und die Stadt Köln selbst hüllt sich demonstrativ in Dunkelheit.

Der Dom, die Altstadt und selbst die Brücken über den Rhein – Kölns Panorama verschwindet in der Schwärze des Winterabends. Köln stellt sich Pegida oder Kögida, wie sie sich hier nennen, in den Weg. Und so sagt Kögida-Organisator Sebastian Nobile den Demonstrationszug durch die Stadt nach etwa einer Stunde ab. Die Polizei habe ihm abgeraten, das Gedränge der Gegendemonstranten sei zu heftig. Man bleibe lieber vor Ort.

Köln indes jubelt, feiert. Vor der Deutzer Brücke spielt eine Kapelle. Die Gegendemonstranten skandieren zufrieden: „Nazis raus!“

Insgesamt 43 Organisationen hatten sich in den vergangenen Tagen spontan zur Initiative „Köln stellt sich quer“ zusammengeschlossen. Gestern Abend versammeln sie sich an vier Orten der Stadt, vom rechtsrheinischen Stadtteil Deutz durch die Altstadt bis hin zum Kölner Dom. Nachdem Domprobst Norbert Feldhoff ankündigte, er werde das Licht rund um das Kölner Wahrzeichen abschalten, um nicht „mit dem schön hell erleuchteten Dom im Hintergrund wunderbare Bilder für diese Demonstration zu liefern”, folgten seinem Vorbild alsbald andere. Gestern Nachmittag schließlich erklärte selbst das Unternehmen Rhein-Energie, man werde das Licht abschalten, damit weder die Altstadt noch die Kölner Brücken illuminiert seien.

Kögida-Plakat: „Merkel, zieh die Burka an!“

Getrennt durch ein riesiges Polizeiaufgebot – mehrere Hundertschaften – stehen sich die beiden Gruppen später gegenüber. Hier die vielleicht 500, die sich hinter dem Spruchband „Stoppt die Islamisierung Europas” aufbauen, die in kleinen Gruppen zusammenstehen und sich immer wieder gegenseitig in ihrer Abneigung gegen Zuwanderer, in ihrer Angst vor den Fremden bestärken. „Merkel, zieh die Burka an!” hat einer von ihnen auf ein Plakat geschrieben. Aber als Rassisten, so sehen sie sich nicht.

Dort die über 2000 Gegendemonstranten, unter die sich auch Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) gemischt hat. Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Kirchenverbände. Auch viele Menschen mit ausländischen Wurzeln sind darunter. Serkan etwa, der 37-Jährige, der mit seiner kleinen Tochter Elif gekommen ist. Dessen Vorfahren einst aus der Türkei eingewandert sind. „Mein Großvater lebt hier, mein Vater, ich selbst und mein Kind ist hier geboren. Alle Menschen sind gleich!”, sagt er.

Journalisten aus England, aus den Niederlanden verfolgen das Geschehen. Auch sie kam nach Köln um Flagge gegen den Rassismus zu zeigen: Magdalena Sievers, eine gebürtige Dortmunderin, die seit 20 Jahren in Stockholm lebt. „Ich bin entsetzt, beängstigt!“, sagt sie. Aber auch in Schweden habe man diese Probleme: „Leider!“

Köln, das solidarische, macht sich da längst zufrieden auf den Heimweg. Es hat sich quergestellt. Kein Veedel, kein Stadtviertel, für Rassismus.