Washington/Brüssel. . Die USA und Kuba wagen die Annäherung. US-Präsident Obama geht dabei so weit auf Kuba zu, wie er kann - auch mit Blick auf sein persönliches Erbe.
Aus seiner Haltung gegenüber Kuba machte US-Präsident Barack Obama nie ein Geheimnis. Er könne sich mit dem kubanischen Staatschef Raúl Castro "zu einer Zeit und an einem Ort seiner Wahl" treffen, sagte Obama schon während seines ersten Wahlkampfs 2008. Nun wagen die Präsidenten der lang rivalisierenden Staaten einen Neuanfang und erntete - zumindest im Ausland - Zustimmung.
Die EU begrüßt die Annäherung zwischen den langjährigen Rivalen USA und Kuba. Die EU setze nun auf eine vollständigen Neustart der Beziehungen zwischen Havanna und Washington, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in der Nacht zum Donnerstag in Brüssel mit. Die italienische Sozialdemokratin dankte Papst Franziskus für seine Vermittlung. Die USA wollen einige Beschränkungen bei Handel und Reisen lockern. Das Embargo, das US-Touristen Reisen nach Kuba sowie den Handel mit dem sozialistischen Karibikstaat verbietet, bleibt aber bestehen.
Die wichtigsten Fragen im Überblick:
Wie kam es zu der neuen Abmachung zwischen Havanna und Washington?
Der wichtigste Teil des Deals war ein Austausch von Geheimagenten. Ein bedeutender, fast 20 Jahre auf Kuba inhaftierter Spion kam frei, im Gegenzug ließen die USA die letzten drei Agenten der "Cuban Five" frei. Sie gehörten einem Spionage-Netzwerk in Miami an. Kuba entließ aus "humanitären Gründen" zudem den vor fünf Jahren verhafteten Amerikaner Alan Gross. Seine Inhaftierung hatte eine Lockerung der US-Beziehungen zu Kuba vorher unmöglich gemacht.
Was ändert sich nun am Verhältnis der beiden Staaten?
Kuba und die USA streben ein vollständige Normalisierung ihrer diplomatischen Beziehungen an. Das bedeutet Treffen auf hoher Ebene, Abstimmung in bilateralen Fragen oder die gemeinsame Teilnahme an Konferenzen. In Havanna soll eine US-Botschaft entstehen, bisher gibt es nur eine Interessenvertretung. Die USA stufen Kuba seit 1982 als staatlichen Förderer des Terrorismus ein, dies soll überprüft werden.
Wird das 1960 gegen Kuba verhängte Embargo damit aufgehoben?
Nein, nur der US-Kongress kann dieses Embargo beseitigen. Der Handel mit dem Karibikstaat bleibt grundsätzlich verboten. Obama kann die Umsetzung des Embargos aber teilweise selbst bestimmen und geht nun rechtlich so weit, wie er kann. Schon zuvor gab es Ausnahmen. 2013 ließ das Handelsministerium in Washington etwa Agrarexporte im Wert von drei Milliarden Dollar (2,4 Mrd Euro) und Exporte medizinischer Produkte im Wert von fast 300 Millionen Dollar (243 Mio Euro) zu.
Was für Handel ist jetzt erlaubt?
Die USA genehmigen künftig etwa den Export von Baumaterialien oder Ausstattung für private Unternehmer - etwa für die Betreiber von Restaurants, Friseursalons oder von landwirtschaftlichem Gerät für Bauern. Damit verbindet sich die Hoffnung, den privaten Sektor innerhalb der sozialistischen Planwirtschaft Kubas zu stabilisieren.
Können US-Touristen nun ohne weiteres nach Kuba reisen?
Nein, als Teil des Embargos bleiben auch rein touristische Reisen verboten. Es bleibt bei den zwölf Gründen, die einen Besuch in Kuba gestatten, etwa Familienbesuche, sportliche Wettkämpfe, Workshops oder zu Forschungszwecken. Die Beschränkungen für all diese Bereiche sollen gelockert werden. US-Touristen reisen aber längst illegal über Mexiko oder die Bahamas ins Land; kubanische Grenzbeamten stempeln deren Reisepässe bei der Einreise dann einfach nicht ab. In die USA einführen kann man als Reisender aus Kuba künftig Waren im Wert von 400 Dollar, darunter Alkohol und Tabak im Wert von 100 Dollar.
Was ändert sich für die Kubaner?
Die 11 Millionen Einwohner des Inselstaates können jetzt vor allem auf besseren Zugang zum Internet hoffen. Denn erlaubt ist künftig auch der Export von Technologien zur Kommunikation nach Kuba, darunter Software, Hardware, Dienstleistungen und Endgeräte. Die USA wollen so den Dialog fördern und die Zivilgesellschaft stärken - in der Hoffnung, dass dies schrittweise zu einer politischen Systemwende beiträgt. Der Zugang zum Netz, der auf Kuba in großen Teilen noch über Satellit läuft, ist auf Kuba langsam und teuer. Wer Verwandte in den USA hat, darf pro Quartal nun außerdem Überweisungen bis zu 2000 Dollar empfangen, zuvor lag diese Grenze bei 500 Dollar.
Warum nähern sich die USA dem kleinen Nachbarn ausgerechnet jetzt?
Barack Obama steuert auf das Ende seiner Präsidentschaft zu, ihm verbleiben noch zwei Jahre im Amt. Wie schon beim Umgang mit illegalen Einwanderern, strengeren Vorgaben zur Klimapolitik und den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm wagt er zunehmend den Alleingang. Er muss zu Hause keine Wahlen mehr fürchten und kann den "historischen Schritt" nun als sein persönliches Erbe verbuchen.
Und was treibt die Kubaner an?
Die Insel wurde von der Sowjetunion finanziell lange unterstützt und hat sich von deren Kollaps Anfang der 1990er Jahre noch nicht komplett erholt. Kuba ist noch von seinem ideologischen Verbündeten Venezuela abhängig, doch mit der Wirtschaft dort geht es bergab. Mit der Lieferung von täglich rund 100.000 Barrel Öl zu Vorzugskonditionen könnte es nach Einschätzung von Experten bald vorbei sein. Umso wichtiger ist die langsame Annäherung an den großen Bruder USA. (dpa)