Essen/Düsseldorf. . Helge Achenbach gilt als Kunstberater mit Verführungskraft. Der DFB beauftragte den Düsseldorfer sogar, das WM-Quartier Campo Bahia mit Kunstwerken zu veredeln. Wer ist der Mann, der den bereits verstorbenen Aldi-Mitbesitzer Berthold Albrecht um mehrere Millionen Euro betrogen haben soll?

Im Sommer, kurz vor seinem Abflug nach Brasilien, schwärmte er vom Campo Bahia, dem deutschen WM-Quartier. Helge Achenbach war vom DFB beauftragt, es mit Kunstwerken auszustatten, um das legere Ambiente zu veredeln. „Ein Superding“, erzählte er im heimischen Düsseldorf mit der kindlichen Begeisterungsfähigkeit, die dem 62-Jährigen bei neuen Projekten stets zu eigen ist. Nichts kann mich bremsen, ist das Signal, das er als erfolgsverwöhnter Mensch gern aussendet.

Wochen später stürzt der Mann, bei dem es seit Jahrzehnten fast nur bergauf zu gehen schien, im freien Fall: Helge Achenbach, Kunstberater, in der Nähe von Siegen geboren, verheiratet und Vater von acht Kindern mit verschiedenen Frauen, sitzt in Untersuchungshaft, sein Vermögen ist eingefroren. Weil er Berthold Albrecht, den mittlerweile verstorbenen Sohn des Aldi-Nord-Gründers Theo, bei Geschäften mit Kunstwerken und Oldtimern in Abrechnungen um mindestens 18 Millionen Euro betrogen haben soll.

Der Traum von märchenhaften Gewinnen

Seit ein paar Tagen steht die Anklage der Staatsanwaltschaft für einen Strafprozess, am nächsten Mittwoch stehen sich Albrechts Witwe Babette und Achenbach wegen ihrer Schadenersatzforderung im Zivilprozess in Düsseldorf vor Gericht gegenüber.

Der Fall wächst sich aus und beleuchtet ganz nebenbei die obskure Szenerie eines Kunstmarktes, der längst von Profitsuchern bevölkert wird und Beratern, die ihnen märchenhafte Gewinne in Aussicht stellen. Auch der Pharmariese Christian Boehringer soll laut „Handelsblatt“ um 1,2 Millionen gebracht worden sein, Achenbach habe den Schaden allerdings mittlerweile erstattet. Und die „Kunstsammlung Rheingold“ hat Helge Achenbach als ehemaligen Geschäftsführer wegen vermuteter Untreue angezeigt: Er soll 485.000 Euro abgezweigt haben.

Achenbachs prominente Kumpelliste

„Ein Filou war er immer schon“, hat Gerhard Richter unlängst gesagt, als er zum Fall befragt wurde. Richter, dessen Kunst weltweit mit die höchsten Preise erzielt, kennt den Angeklagten lange und hat durchaus von ihm profitiert, weil er über ihn Arbeiten verkauft hat: Unter anderem hängen zwei Richters in der Chefetage eines Versicherers in der Düsseldorfer City.

Auf Achenbachs Kumpelliste stehen auch andere große Namen der zeitgenössischen Kunst wie Andreas Gursky, Markus Lüpertz, Neo Rauch, Tony Cragg oder der mittlerweile verstorbene Jörg Immendorff. Mit dessen Witwe Oda Jaune allerdings ist er ebenfalls in Rechtsstreitigkeiten verwickelt.

Kein spröder Intellektueller

„Schlingel“ und „Schlitzohr“, auch diese Wörter fallen, wenn man mit Achenbachs Bekannten oder ehemaligen Geschäftspartnern über ihn spricht. Sie sagen das mit einem Lächeln, weil sie ihm wohlgesonnen sind, namentlich zitieren lassen sie sich nicht.

Wer Achenbach erlebt, spürt, worin seine Verführungskraft steckt: das Kumpelhafte, das rheinischer als westfälisch wirkt, das unverkrampfte Lachen, die Umarmungen, der patriarchalische Gestus. Er ist kein spröder Intellektueller, der verschreckt, sondern ein Saft- und Kraftmensch, der nach guten Weinen und gutem Essen aussieht, eher nach Sammler als nach Verkäufer.

Als Präsident von Fortuna Düsseldorf scheiterte er

Der studierte Sozialpädagoge begeistert nicht nur sich selbst, er versteht es auch, andere zu begeistern. Er vermeidet großspurige Posen, sondern signalisiert Erdverbundenheit. Der Begriff „Netzwerker“ würde ihm gerecht, er sucht und findet seine Kontakte mit hoher Energie und er nutzt sie .

Achenbach scheiterte in den 90ern mit erstaunlicher Naivität als Präsident des (damaligen) Chaosvereins Fortuna Düsseldorf und machte als Gastronom wenig später mit „Monkey’s Island“ Furore: Deutschlands erster Strandbiergarten zog die ganze Region in den Düsseldorfer Hafen. Auf der Halbinsel steht schon lange ein Hotel, und seine drei schicken Restaurants in der Innenstadt stehen leer, Nachfolger sind nicht in Sicht.

Seine Ehefrau und seine Anwälte bestreiten die Vorwürfe

Achenbachs Leben, es liest sich wie ein Filmdrehbuch, und dazu gehört auch das jüngste Kapitel. Er selbst sitzt seit Juni in U-Haft, musste zuletzt wegen Herzproblemen im Justizkrankenhaus Fröndenberg behandelt werden. Seine Anwälte und seine Ehefrau, eine promovierte Kunsthistorikerin, bestreiten die Vorwürfe von Babette Albrecht, sprechen von „offenbar rein persönlichen Motiven“.

Es sei „hinlänglich bekannt, dass Herrn Achenbach und Herrn Berthold Albrecht bis zu dessen Tod eine engere freundschaftliche Beziehung verband“. Die Staatsanwälte sehen es anders. Helge Achenbach, der seinen Erfolg zu einem guten Stück seinem gewinnenden Auftritt verdankt, ist diesmal womöglich an seine Grenzen gekommen.