Essen/Bochum. Carla und Hubertus Fiege sind das neue Führungsduo der Bochumer Brauerei Moritz Fiege. Im Podcast sprechen sie über Flaschenpfand und Bierpreise.

Eigentlich soll das Mehrweg-Prinzip im Getränkehandel dem Umweltschutz dienen. Doch das heute von Brauereien praktizierte Vorgehen ist nach Einschätzung der neuen Generation an der Spitze der Bochumer Privatbrauerei Moritz Fiege in ökologischer Hinsicht zumindest verbesserungswürdig. Carla und Hubertus Fiege beklagen, dass derzeit regelmäßig im großen Stil leere Flaschen durch Deutschland transportiert werden müssen – vom Ruhrgebiet an die Nordsee oder nach Bayern beispielsweise. Hubertus Fiege spricht im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ von einem „Flaschen-Tourismus“, der viel Geld koste und nicht nachhaltig sei.

Zwar sei die Mehrwegquote beim Bier hoch und Flaschen, die im Umlauf seien, würden in aller Regel 50- bis 60-mal verwendet, berichtet er. Doch häufig kämen in Bochum auch Bierkästen an, in denen sich Flaschen fremder Brauereien befänden. Das Sortieren sei aufwendig, und dann müssten „diese Unmengen an Flaschen wieder getauscht werden“, erzählt Hubertus Fiege. Tausende Bierflaschen würden Jahr für Jahr durch die Republik gefahren. Auch Fiege müsse dafür einen Spediteur beauftragen. Das System sei „wirtschaftlicher und ökologischer Wahnsinn“, urteilt der Brauerei-Chef.

Hubertus Fiege und seine Cousine Carla Fiege, die das neue Führungsteam der Bochumer Brauerei bilden, wünschen sich daher Mehrwegflaschen, die alle Hersteller nutzen können. Solche „Pool-Flaschen“ seien derzeit nicht üblich, viele Bierflaschen sind individualisiert – etwa durch einen auf dem Flaschenhals eingravierten Markennamen.

Bei Fiege ist zwar die Flasche neutral, aber oben am Bügel zum Öffnen befindet sich das Logo der Bochumer Brauerei. Hinzu kommt ein dunkelgrünes Gummi, nicht ein rotes, wie es andere Biermarken

haben. Carla Fiege erklärt, ihr Unternehmen sei bereit, auf diese Erkennungsmerkmale zu verzichten. Aus Marketinggründen sei ein Wappen am Flaschenbügel zwar eine gute Sache, aber: „Das sind einfach Entscheidungen, die getroffen werden müssen – im Sinne der Nachhaltigkeit und auch der Wirtschaftlichkeit.“ Nun hoffe Fiege darauf, dass andere Brauereien mitmachen.

Generationswechsel mitten in Krisenzeiten

Carla und Hubertus Fiege – beide 33 Jahre alt – stehen für die nächste Generation der Ruhrgebietsbrauerei. Rund 40 Jahre lang ist der Bochumer Familienbetrieb von zwei Brüdern geführt worden: Hugo und Jürgen Fiege. Künftig sind es nicht mehr Geschwister, sondern Cousin und Cousine, die Kinder von Hugo und Jürgen Fiege, die das Geschäft leiten. Der Generationswechsel in der 1878 gegründeten Brauerei ist mitten in der Corona-Krise eingeläutet worden. Auf Corona folgte die Energiekrise, ebenfalls eine Herausforderung für Brauereien, die viele Rohstoffe und auch Energie benötigen.

Auch die Flaschen sind ein beträchtlicher Kostenfaktor in Brauereien, weshalb sich Hubertus Fiege auch Gedanken zum Pfandsystem macht. Die Höhe des Pfandes für eine Bügelflasche – 15 Cent – ist seit vielen Jahren unverändert. Hubertus Fiege berichtet, der Pfandwert liege angesichts gestiegener Glas-Preise mittlerweile deutlich unter dem Wiederbeschaffungspreis. Wenn das Unternehmen eine Flasche neu kaufen müsse, würden rund 50 Cent fällig. Bei den Bierkisten sei dies ähnlich: Das Pfand betrage 1,50 Euro, die Brauerei müsse aber im Einkauf zwischen sieben und 9,50 Euro für eine leere Kiste zahlen.

Im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ deutet Hubertus Fiege auch Preiserhöhungen für das Bier angesichts der stark gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe an. Wie anderen Brauereien bliebe Fiege wohl „gar nichts anderes übrig“ angesichts der aktuellen Entwicklung, sagt er.

„Die Zehn-Euro-Kiste werden Sie bei Fiege nicht sehen“

An Niedrigpreis-Aktionen beteiligt sich der Bochumer Brauerei ohnehin grundsätzlich nicht. „Die Zehn-Euro-Kiste werden Sie bei Fiege nicht sehen“, sagt Hubertus Fiege. Für einen Familienbetrieb mit gerade einmal rund 60 Beschäftigten und entsprechender Kostenstruktur sei ein solches Preisniveau nicht möglich.

Den umstrittenen Ausstieg aus der Tarifbindung vor einigen Monaten verteidigt das junge Führungsduo. Es sei um die „Sicherung der Brauerei“ gegangen, sagt Carla Fiege. Das Unternehmen habe nun mehr Flexibilität. „Das heißt nicht automatisch, dass wir unter Tarif bezahlen. Das kann auch mal das Gegenteil sein“, betont sie. Es gehe darum, gute Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.

Generell will sich das Bochumer Unternehmen als Qualitätsanbieter positionieren, der ausschließlich hochwertige Rohstoffe verwendet und auf ein traditionelles Brauverfahren setzt. Für die traditionelle Herstellungsweise sei auch mehr Zeit erforderlich als bei industriellen Brauprozessen, erklärt Hubertus Fiege. Prinzipiell sei „vom Sud bis zur Abfüllung“ eine Produktion innerhalb von sieben Tagen möglich. Bei Fiege seien es allerdings 40 Tage – davon 30 Tage Lagerung des Bieres bei null Grad. Durch Zeit könne sich „das Naturprodukt Bier stabilisieren“, so Fiege. Damit sei es ausgewogener im Geschmack. Das Verfahren sei allerdings auch kostspieliger. Mit der Philosophie „Slow Brewing“ – Brauen mit Zeit – will sich Fiege von der Konkurrenz abheben.

Im Moment sind noch die Namen ihrer Väter Hugo und Jürgen Fiege auf den Flaschenetiketten vom Fiege Pils zu sehen. In absehbarer Zeit sollen die Unterschriften von Carla und Hubertus Fiege auftauchen. Bei der nächsten großen Etiketten-Bestellung soll es die Änderung geben, kündigt Carla Fiege an. „Wir haben aber auch noch ein paar Etiketten von den alten.“