Bremerhaven. Riesige Meeresgebiete in der Antarktis sollten bei einer internationalen Konferenz in Bremerhaven unter Schutz gestellt werden. Statt einer Erfolgsmeldung gibt es am Ende Enttäuschung. Eine Einigung scheiterte am Widerstand der russischen Delegation.

Keine Einigung auf Meeresschutzgebiete im Südpolargebiet: Die Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze in der Antarktis (CCAMLR) brach ihre Sondersitzung in Bremerhaven am Dienstag ohne Ergebnis ab. Grund seien von Russland überraschend aufgeworfene juristische Fragen, sagte der deutsche Delegationsleiter Walter Dübner. Umweltverbände reagierten entsetzt. «Ich habe noch nie so enttäuschende Verhandlungen erlebt», sagte Greenpeace-Meeresexpertin Iris Menn, die als Beobachterin an den zweitägigen Beratungen teilnahm.

Die Sondersitzung mit 24 Ländern und der EU hatte zum Ziel, im Rossmeer und in der Ostantarktis Schutzgebiete auszuweisen, die mit insgesamt rund 3,8 Millionen Quadratkilometern fast so groß sind wie die Europäische Union. Es sei völlig unverständlich, dass Russland jetzt die Frage aufwerfe, ob die Kommission berechtigt sei, Schutzgebiete auszuweisen», sagte Menn. Dübner sieht trotz des aktuellen Misserfolgs noch Chancen, zu einem positiven Beschuss zu kommen. Er habe die russische Delegation aufgefordert, Vorschläge zu machen. «Wir sollten anfangen, Kompromisslösungen zu suchen, für die beiden Vorschläge, die auf dem Tisch liegen.» Die nächste reguläre CCALMR-Sitzung ist für Oktober geplant.

Die Kommission kann nur einstimmig entscheiden. Das Vorhaben war bereits im vergangenen Jahr an Bedenken einiger CCAMLR-Mitglieder gescheitert. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich verpflichtet, bis 2020 zehn Prozent der Küsten- und Meeresgewässer als Schutzgebiete auszuweisen. Bisher sind es zwei Prozent.

Neuseeland und die USA hatten vorgeschlagen, etwa 2,2 Millionen Quadratkilometer im Rossmeer unter Schutz zu stellen. Australien, Frankreich und die EU, die als ein Teilnehmer auftritt, wollen 1,6 Millionen Quadratkilometer im Osten der Antarktis unter Schutz stellen. In CCAMLR-Schutzgebieten sind Nutzungen wie Fischfang eingeschränkt.

Der Experte für Meeres-Ökosysteme der Umweltstiftung WWF, Tim Packeiser, sprach von einem Schlag vor den Kopf und einem Affront. Die Delegierten seien von der russischen Position überrascht worden. Er appellierte an die Konferenz, die offenen Fragen zu klären. «Wir sehen keine unüberwindbaren Punkte», sagte Packeiser.

Auch der Leiter der Stabsstelle Umweltpolitik am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, Stefan Hain, äußerte sich überrascht zu den Einwendungen Russlands. «Dieses Übereinkommen hat ja 2009 schon ein marines Naturschutzgebiet angenommen.» Als Wissenschaftler sei er enttäuscht, habe aber noch Hoffnung. «Der Prozess ist immer noch am Leben.»

Im Deutschlandfunk nannte Hain Gründe dafür, antarktische Meeresgebiete unter Schutz zu stellen: «Die Organismen sind einzigartig und der Lebensraum ist enorm vielfältig. Wenn Sie Filmaufnahmen von dem Meeresboden sehen, das sieht fast wie ein tropisches Korallenriff aus.» Wie empfindlich das Ökosystem ist, machte er an einem Beispiel deutlich: Eine Schnecke könne in der Nordsee in wenigen Wochen Nachwuchs produzieren. «Das dauert in der Antarktis 18 bis 20 Monate.»