Berlin. In Deutschland sterben deutlich weniger Menschen an Herzkrankheiten als noch vor 20 Jahren. So ist die Zahl der Todesfälle durch Herzinfarkt um 40 Prozent gesunken, heißt es im neuen Herzbericht.
Demnach starben 2012 von 100 000 Einwohnern etwa 65 an einem akuten Herzinfarkt, im Jahr 1992 waren es noch rund 109. Zwischen den einzelnen Bundesländern gibt es aber weiterhin große Unterschiede.
Bei Erkrankungen der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit) ist die Sterblichkeit in den vergangenen 20 Jahren um 28 Prozent gesunken, bei Herzschwäche (Herzinsuffizienz) um 19 Prozent. Das liege vor allem an verbesserten Behandlungsmethoden, aber auch an einem besseren Notarzt- und Rettungssystem, sagt Christian Hamm, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.
Die Fachgesellschaften gehen für die kommenden Jahre aber nicht davon aus, dass sich der positive Trend fortsetzt. Ein Hauptgrund dafür ist die alternde Bevölkerung.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland die Todesursache Nummer eins. 2013 starben rund 354 500 Menschen daran - das waren nach Angaben der Fachgesellschaften zwei Drittel aller Todesfälle (66 Prozent). Außerdem gab es demnach 2012 rund 2,5 Millionen Krankenhausaufenthalte wegen Herzproblemen. Einige Ergebnisse des Herzberichts im Einzelnen:
BUNDESLÄNDER-UNTERSCHIEDE: Beim Herzinfarkt sind die Sterbeziffern pro 100 000 Einwohner in den ostdeutschen Ländern Brandenburg (105), Sachsen-Anhalt (103) und Sachsen (94) bundesweit am höchsten. Am niedrigsten sind sie in Schleswig-Holstein (46), Hessen (54) und Berlin (56). "Diesen Trend gibt es über viele Jahre, wenn die Unterschiede auch etwas geringer geworden sind", sagte Thomas Meinertz für die Deutsche Herzstiftung. Optimierungsbedarf gebe es dabei nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Rheinland-Pfalz (69), Niedersachsen (71) und im Saarland (78).
Ablesen lassen sich Unterschiede auch an der reinen Zahl der gemeldeten Herzinfarkte 2012 pro 100 000 Einwohner. Die niedrigsten Werte gab es in Berlin (234), Bayern (240) und Baden-Württemberg (243). Die höchsten Zahlen verzeichnete die Statistik für Bremen (387), Sachsen-Anhalt (355) und das Saarland (347). Als mögliche Ursachen sieht die Herzstiftung nicht nur eine geringere Ärztedichte in strukturschwachen Regionen und weniger perfekte Notarztsysteme. Auch soziale Faktoren spielten eine Rolle: Zigarettenkonsum, Ernährung samt Übergewicht und Bewegungsmangel.
MÄNNER UND FRAUEN: Mit Ausnahme vom Infarkt sterben in Deutschland nach wie vor deutlich mehr Frauen als Männer an Herzkrankheiten. Beim Vorhofflimmern- und flattern waren es 2012 mit rund 10 600 Fällen mehr als doppelt so viele wie bei den Männern (5196). Ein Grund dafür könne sein, dass Frauen duldsamer seien und zu spät zum Arzt gingen, sagte Meinertz. Es gebe aber auch beim Herz-Kreislauf-System Unterschiede in der Anatomie, ergänzte Kardiologe Christian Hamm. So hätten Frauen generell feinere Gefäße. Das bedeute auch eine höhere Anforderung bei Operationen. Auch die Medikamentendosierung ist schwieriger. Denn Studien würden hauptsächlich an Männern gemacht. Die Ergebnisse seien aber nicht immer auf Frauen übertragbar. "Frauenherzen ticken anders", sagte Hamm.
ALTER: Herzkrankheiten treffen in der Regel ältere Menschen. Am häufigsten sind die Patienten zwischen 60 und 80 Jahren alt, aber auch der Anteil darüber steigt durch die höhere Lebenserwartung stetig an. Alterseffekte sind zum Beispiel ab 75 Jahren durch deutlich mehr Krankenhausaufenthalte zu sehen, vor allem bei Herzschwäche, Herzklappenerkrankungen und Herzrhythmusstörungen. Menschen mit Herzkrankheiten leben heute aber auch länger, zum Beispiel, weil viele rechtzeitig einen Herzschrittmacher bekommen. 2013 waren es bundesweit rund 106 800. Verbaut ist heute dagegen oft der Weg einer Herztransplantation, da es zu wenig Spenderorgane gibt. 2013 waren es 313 - im Vergleich zum Spitzenwert von 562 im Jahr 1997.
KINDER: Jedes 100. Kind in Deutschland kommt mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt. Das sei die häufigste Fehlbildung bei Säuglingen überhaupt, sagte Brigitte Stiller, Präsidentin der Gesellschaft für Kinderkardiologie. In der Chirurgie habe es seit 1995 allerdings erhebliche Verbesserungen gegeben. So starben 2012 von rund 21 600 Kindern mit angeborenen Herzfehlern nur noch 423 - insgesamt ein Rückgang um 65 Prozent.