Essen. . Die Jagdpächterin Agnes Schlieper ist entsetzt. Das schwer verletzte Tier wurde eingeschläfert. Es ist nicht der einzige Vorfall dieser Art.
Das fürchterliche Geschrei des zwei Tage alten Rehkitzes liegt ihr immer noch in den Ohren. Agnes Schlieper, Jagdpächterin von weiten Teilen der Schuirer Wälder, berichtet von einem Vorfall, der sich vor wenigen Tagen nur einige Meter vor ihrer Haustür ereignete: Ein Kitz wurde Opfer eines wildernden Hundes. Wieder einmal.
Zu solchen Fällen kommt es alljährlich im Frühjahr und Sommer, wenn Erholungssuchende mit ihren Hunden durch Felder und Wiesen streifen. Allein in Schliepers Jagdrevier ist so etwas in diesem Quartal bereits zum vierten Mal geschehen. Diesmal sei es besonders tragisch gewesen, da das Kitz noch lebte und jämmerlich schrie, als es von einer Spaziergängerin verletzt am Wegesrand entdeckt wurde. Von dem Hundebesitzer fehlt jede Spur.
Muttertier irrte im Wald umher
„Nicht nur der klagende Fiepton des Kitzes war schlimm, hinzu kam, dass das Muttertier ganz in der Nähe verwirrt durch den Wald lief“, so Agnes Schlieper. Sie hätte das verwundete Kitz zu sich genommen und sich um das Tier gekümmert, doch die alarmierte Tierärztin sah keine Rettung. Der Biss ging vom Rückgrat durch bis zur Lunge. Das junge Reh musste eingeschläfert werden.
„Anhand der Bisse konnte die Ärztin erkennen, dass es ein Hund gewesen sein muss“, so Schlieper. Und: Wäre es etwa ein Fuchs gewesen, hätte dieser das Tier zu seinem Bau geschleppt. Bedauerlicherweise sei immer wieder zu beobachten, dass die vermeintlichen Tierliebhaber, darunter eben viele Hundebesitzer, keinen Respekt vor der Natur oder vor fremdem Eigentum hätten, beklagt Schlieper und berichtet von einem weiteren Fall, als ein Hund kürzlich quer über ein Erdbeerfeld rannte und ein Reh über den Schuirweg hetzte.
„Laut Landesnaturschutzgesetz dürfen Hundebesitzer mit ihren Hunden nur mit Einwilligung des Grundstückseigentümers etwa auf einer frisch gemähten Wiese toben“, mahnt Andreas Meiwes von der Kreisjägerschaft. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind ohnehin tabu. Das Landesforstgesetz besagt, dass Hunde auf Waldwegen frei laufen dürfen, abseits der Wege jedoch angeleint sein müssen. Aber: „Ein schlecht erzogener Hund sollte in freier Natur auf jeden Fall an die Leine“, appelliert Meiwes besonders für die Brut- und Setzzeit, die Anfang März beginnt und Mitte Juli endet.
Hohe Dunkelziffer
Selbst ein träger Hund, der vielleicht einen weniger ausgeprägten Jagdinstinkt besitze, sei immer noch schneller als eine tragende Ricke. Und ein Kitz ist einem Hund ohnehin schutzlos ausgesetzt. Meiwes hält das Bundesland Niedersachsen für vorbildlich, wo in der Nachwuchszeit eine generelle Leinenpflicht herrscht und den Besitzern empfindliche Geldstrafen drohen.
Ob der aktuelle Fall des zwei Tage alten Wildtieres tatsächlich der Vierte im Jagdrevier 34 war, ist übrigens unklar. „Die Dunkelziffer liegt womöglich viel höher“, vermutet Heiner Beckmann, der sich das Schuir’sche Revier mit Agnes Schlieper aufteilt. Es sei nicht auszuschließen, dass viel mehr Wildtiere von Hunden gejagt und gehetzt würden und anschließend irgendwo in den Wäldern jämmerlich verrecken.
>> Flyer informiert über Regeln in Wald und Flur
Für alle, die sich über die in Nordrhein-Westfalen geltenden Regeln in Wald und Flur informieren möchten, hat der Landesjagdverband NRW e.V. einen Flyer herausgebracht. Er ist im Netz abrufbar.
Weitere Informationen zum Thema auch auf www.ljv-nrw.de oder auf der Homepage der Stadt Essen www.essen.de unter der Rubrik Hundehaltung.