Essen. Pechvogel oder Provokateur? Die XVII. Strafkammer des Landgerichtes ließ im Urteil gegen einen 31-jährigen Essener Autofahrer keinen Zweifel und verurteilte ihn wegen provozierter Verkehrsunfälle.

Die Kammer kam nach dreitägiger Verhandlung zu der Überzeugung, dass der Angeklagte vor allem im Jahr 2008 im Essener Norden neun Verkehrsunfälle provoziert hatte. „Autobumser“ heißt das im inoffiziellen Juristenjargon. Dafür bekam der bislang unbescholtene Mann unter anderem wegen Straßenverkehrsgefährdung, Körperverletzung und Versicherungsbetrug dreieinhalb Jahre Haft. Auf seinen Führerschein, den die Polizei vor zehn Monaten einkassierte, wird der Essener drei weitere Jahre verzichten müssen.

„Ich bin unschuldig“, beteuert der Vater von vier kleinen Kindern bis zum Schluss. Auf den ersten Blick waren die Hintergründe der auffällig häufigen Unfälle, in die er nahezu alle zwei Monate verwickelt war, schwer zu durchschauen. „In fast allen Fällen“, so Richter Bernd Koß im Urteil, „war er formell im Recht.“ Der Angeklagte habe Situationen gesucht, erklärt der Richter.

In einem Fall zum Beispiel hatte er Vorfahrt und überließ sie anscheinend per Handzeichen dem anderen Fahrer, dann gab er Gas. Auf einem Parkplatz am Allee Center stellte er sich gezielt in den Weg. „Er hat es darauf abgesehen, dass der andere Fahrer ihn übersieht“, sagt Staatsanwältin Violette Klima. Sein demoliertes Auto ließ er stets günstig reparieren und profitierte so vom Versicherungsgeld. Das konnte die Familie gut gebrauchen, waren die Einkünfte des Vaters durch unregelmäßige Zeitarbeit nicht gerade üppig. Die Unfallfolgen waren nicht vorherzusehen und beschränkten sich nicht auf Blechschäden. Einmal überschlug sich das Auto der anderen Unfallbeteiligten. Sie und eine Mitfahrerin hatten Glück und erlitten nur Prellungen und Schürfwunden. Ein anderer Fahrer leidet nach einem Unfall noch immer an Ohrgeräuschen.

Staatsanwältin Violette Klima ist ebenfalls sicher, dass der Familienvater „gezielt und planmäßig vorgegangen ist“ und so das Fehlverhalten anderer Autofahrer ausgenutzt hat. Sie beantragt drei Jahre Haft. Verteidiger Azzadine Korhio plädiert auf Freispruch. Er sieht keine Anhaltspunkte, dass sein Mandant die Unfälle absichtlich herbei geführt hat.