Essen. Seine Bewährungsstrafe hat der BGH aufgehoben. Jetzt ist der deutsche James Bond Werner Mauss erneut vor dem Bochumer Landgericht angeklagt..
Jovial grüßt der ältere Herr im dunklen Blazer die Pressevertreter im Zuhörerbereich des Bochumer Landgerichtes, plaudert charmant mit den Staatsanwälten und den Steuerfahnderinnen. Fast wäre der ahnungslose Beobachter geneigt, in ihm einen Rechtsanwalt zu sehen. Doch tatsächlich ist dieser Mann Werner Mauss, in früheren Jahren eine Art deutscher James Bond, ein Geheimagent im Auftrag der deutschen Regierung. Erneut muss er sich am Donnerstag wegen Steuerhinterziehung verantworten.
Der Vorwurf ist aus dem ersten Verfahren im Jahre 2017 bekannt und bleibt dennoch gewaltig. Rund 15 Millionen Euro soll der 79-Jährige in den Jahren 2002 bis 2013 an Steuern hinterzogen haben. Finanzielle Erträge aus einem Millionen schweren Konto bei einer Bank in Luxemburg, von dessen Existenz die deutschen Finanzbehörden erst durch eine amtlich angekaufte Steuer-CD Kenntnis erhielten.
Geiseln befreit, Terroristen zur Strecke gebracht
Werner Mauss, ein gebürtiger Essener, war früher mal eine ganz große Nummer. Einen flüchtigen Polizistenmörder soll er im Auftrag des BKA 1970 in Spanien festgenommen haben. Später habe er Geiseln aus südamerikanischen Revolutionswirren befreit, auch einen Terroristen der RAF zur Strecke gebracht. Vieles geschah im Auftrag der deutschen Regierung. Oft schalteten ihn auch Versicherungen ein, wenn sie bei größeren Summen Betrug witterten.
Dieses Vorleben spielte schon 2017 im ersten Steuerhinterziehungsprozess eine Rolle. Die Staatsanwaltschaft hatte damals eine Strafe in Höhe von sechs Jahren und drei Monaten Haft gefordert, die 2. Bochumer Wirtschaftskammer gewährte ihm aber zwei Jahre Haft mit Bewährung. Richter Markus van den Hövel sprach im Urteil von der "beeindruckenden Lebensleistung" des Angeklagten. Davor habe die Kammer "höchsten Respekt".
BGH hob das erste Bochumer Urteil auf
Lange Bestand hatte das Urteil nicht. Am 10. Januar 2019 hob der Bundesgerichtshof (BGH) die Bochumer Entscheidung auf. Er gab zwar gleichzeitig den Revisionsbegründungen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft recht, der Großteil des 17 Seiten langen BGH-Beschlusses liest sich aber wie eine Anleitung, wie in der neuen Verhandlung Mauss auf jeden Fall zu verurteilen sei.
Jetzt also wieder die Steuerschuld. Mauss hatte im ersten Prozess argumentiert, das Konto in Luxemburg sei ein Geheimfonds zur Bekämpfung terroristischer und krimineller Aktivitäten, den er im Auftrag westlicher Geheimdienste und zur Finanzierung seiner Aktionen nur zu verwalten gehabt habe. Es sei also nicht sein Geld gewesen, folglich sei er auch nicht steuerpflichtig gewesen. Leider könne er zu all dem keine näheren Angaben machen, weil dies alles der Geheimhaltung unterliege.
Gericht sah kein Unrechtsbewusstsein
Die Bochumer Kammer hatte ihm dies nur zum Teil abgenommen. Sie sprach im Urteil von einem Verbotsirrtum. Mauss habe zwar gewusst, dass er die Zinserträge aus dem zwischenzeitlich auf rund 65 Millionen Euro angewachsenen Geheimfonds dem für ihn zuständigen Finanzamt Essen-Süd hätte angeben müssen. Aber eigentlich sei ihm "das Unrecht nicht bewusst" gewesen.
Dazu habe Anfang der 2000er Jahre ein Gespräch mit dem damaligen Chef des Verfassungsschutzes beigetragen, der angeblich auch meinte, die Millionen hätten das deutsche Finanzamt nicht zu interessieren.
Bundesgerichtshof sah Widerspruch im Bochumer Urteil
Der BGH sah darin einen Widerspruch: Einerseits gestehe die Kammer Mauss zu, keine Steuerpflicht gesehen zu haben, andererseits verurteile sie ihn aber wegen Steuerhinterziehung. Später schreibt der BGH noch ausdrücklich, in welchen Punkten eindeutig eine Schuld von Mauss zu sehen sei.
Unzufrieden zeigt sich das Karlsruher Gericht auch mit dem Bochumer "Respekt" vor der Lebensleistung des Geheimagenten. Denn der Begriff "Lebensleistung" sei eine "Leerformel und wird sich schwer definieren lassen". Er lasse auch "Steuerhinterziehungen von mehreren Millionen Euro jedenfalls nicht ohne weiteres in einem günstigeren Licht erscheinen", heißt es im BGH-Beschluss.
Verteidigung: Mauss hätte Anschlag in Halle verhindern können
Die Verteidigung setzt dennoch weiter auf die beruflichen Erfolge ihres Mandanten. Rechtsanwalt Ulrich Sommer aus Köln hält die 41 angesetzten neuen Prozesstage offenbar für überflüssig. Denn ohne dieses Verfahren, so sagt er am Donnerstag vor Gericht, hätte es womöglich den Terroranschlag von Halle am Mittwoch nicht gegeben, weil nämlich Mauss erfolgreich seiner Arbeit nachgegangen wäre.