Ankara. .
Tausend Zimmer, Wände aus rotem und grünem Granitstein, Verzierungen im „osmanischen Stil“ – türkische Medien beschreiben den neuen Amtssitz des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als Prachtbau. „Ak-Saray“ nennen die Türken das Gebäude in der Hauptstadt Ankara – „Weißer Palast“. Eigentlich wollte Erdogan seinen neuen Amtssitz am Mittwoch zum türkischen Nationalfeiertag mit Gästen eröffnen. Doch nach dem Grubenunglück in der Südtürkei sagte der Präsident den Empfang ab.
Die Oppositionspolitiker hatten ohnehin angekündigt, die Veranstaltung zu boykottieren. Ihrer Meinung nach ist das gesamte Gebäude protzig – und illegal. Vor drei Jahren begannen die Bauarbeiten auf einem unter Naturschutz stehenden Waldstück im Westen Ankaras. Das Gelände gehörte nach Angaben der Architektenkammer in der Hauptstadt einst Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der türkischen Republik. Er überließ es 1937 dem Staat. Mehrere Gerichte verhängten laut der Architektenkammer seit 2011 einen Baustopp. Doch Erdogan ignorierte die Urteile und ließ weiterbauen.
„Der Bau ist illegal“, sagte die Chefin der Architektenkammer, Tezcan Karakus Candan. „Ein Präsident muss sich ans Gesetz halten.“ Niemand solle an einem Empfang im neuen Palast teilnehmen, fordert Candan, denn damit werde der illegale Bau legalisiert. Die größte Oppositionspartei CHP forderte laut türkischen Medien eine Untersuchung im Parlament.
Für Candan hat der Prachtbau auch ein großes Waldstück nachhaltig geschädigt. Für das Projekt seien mehr als 3000 Bäume gefällt worden, sagt sie. Mindestens 91 000 Quadratmeter Wald soll der Bau laut Medienberichten verschlungen haben – mehr als 12 Fußballfelder.
Die Bäume stehen dafür jetzt im Empfangsbereich des „Ak-Sarays“. Das Wort „Ak“ bedeutet nicht nur „weiß“, sondern auch „rein“. Die regierende AK-Partei trägt dieses Wort ebenfalls im Namen.
Die Sucht nach dem Prachtvollen
Umgerechnet rund 275 Millionen Euro soll der „Weiße Palast“ nach Berichten türkischer Medien gekostet haben. Es gebe abhörsichere Zimmer, Bunker, Tunnel und Schutzräume gegen chemische Waffen sowie im Garten einen dekorativen Pool. Alles sei im Stil der Osmanen und der Fürstendynastie der Seldschuken gehalten.
Vor Erdogan hatten alle Präsidenten im Stadtteil Cankaya in Ankara residiert. Doch Erdogan wollte etwas Größeres, Prachtvolleres – etwas, worin sich „die neue Türkei manifestiert“, zitieren ihn türkische Medien. Beim Baustart 2011 habe das Gebäude noch den Namen „Dienstgebäude des Ministerpräsidenten“ getragen. Damals war Erdogan noch Ministerpräsident.
Seit seiner Wahl zum Staatspräsidenten in August heiße das Gebäude „Präsidentenpalast“.