Marl. . Heidi und Heinz Lojewski wollten altersgerecht wohnen. Sie zogen um. Die neue Wohnung wollte das Ehepaar komplett neu einrichten. Sie kauften Möbel im Wert von 35.000 Euro. Das war vor vier Monaten. Seither gibt es nichts als Ärger mit dem Möbelhaus.
Den Einzug in die neue Wohnung hatten sich Heidi und Heinz Lojewski ganz anders vorgestellt. Vom Reihenhaus sollte es in altersgerechte Räumlichkeiten gehen, ohne Treppen und Hindernisse. Die neue Wohnung wollten sie komplett mit neuen Möbeln ausstatten. Kostenpunkt der Wunscheinrichtung: 35.000 Euro. Das war vor vier Monaten. Seither gibt es nichts als Ärger mit dem Möbelhaus.
Als die Möbel geliefert wurden, passte nichts so in die Räume hinein, wie es geplant war. Das Bett war zu groß, die Schrankwand zu lang und einige Möbelstücke konnten die beiden nicht an den vorgesehenen Plätzen aufstellen. Der Wohnzimmerschrank ist noch immer in Teile zerlegt. An der Kühlschranktür haben die Monteure mittlerweile einen Konstruktionsfehler entdeckt, der dazu führt, dass die Abdeckung immer wieder abfällt. So lebt das Paar notgedrungen aus Kisten. Immer wieder rückten Monteure des Möbelgeschäfts Kröger an und besserten hier und dort etwas nach.
Nun folgte der nächste Schock. Vor kurzem hat sich das Möbelhaus gemeldet. Es möchte die Möbel zurück. Die Firma Kröger hat den Vertrag gekündigt, obwohl alle Möbel bereits bezahlt sind. Zusätzlich fordert sie eine Nutzungsentschädigung von über 9000 Euro.
Rücktritt ist rechtlich möglich
Nach Angaben von Miriam Rusch-Rodosthenous, Juristin der Verbraucherzentrale NRW, ist es zwar ungewöhnlich, dass ein Verkäufer von einem Vertrag zurücktritt. Rechtlich möglich ist dies jedoch. „Auch eine Nutzungsentschädigung ist grundsätzlich rechtens. Sie darf aber nur für Möbel erhoben werden, die vertragsgemäß genutzt werden konnten“, sagt Rusch-Rodosthenous. Die Höhe der Entschädigung im Fall Lojewski findet sie allerdings nicht gerechtfertigt.
Punkte des Kaufvertrages
Beim Möbelkauf ist es für Kunden wichtig, dass alle vereinbarten Punkte in den Kaufvertrag aufgenommen wurden, rät die Verbraucherzentrale. Das betreffe nicht nur Lieferzeit, sondern auch Maße, Material, Qualität oder Farbe des Möbels.
Bei Problemen helfen Musterbriefe der Verbraucherzentrale: www.verbraucher.de/Moebelkauf
Aus einem Kaufvertrag kommen Kunden generell erst wieder heraus, wenn ein Mangel beim Produkt vom Lieferanten nicht behoben werden kann. Der Verkäufer hat aber das Recht, dem Käufer eine Nutzungsentschädigung in Rechnung zu stellen. Sie bemisst sich an der Zeit, die der Gegenstand genutzt wurde, und am Kaufpreis. Einfluss hat zudem die übliche Nutzungsdauer des Gegenstands – bei einem Kleiderschrank sind das beispielsweise ungefähr zehn Jahre. So kann der Händler für einen Schrank zum Preis von 2000 Euro für jedes Jahr der Nutzung 200 Euro des Kaufpreises einbehalten. Für einen Monat wären das knapp 17 Euro.
Christian Hemmer ist der Anwalt der Lojewskis. Ihn haben sie eingeschaltet, als sich die Reklamationen häuften. Er findet die Forderung überzogen und sieht das Möbelhaus in der Pflicht, einen Ausgleich zu bezahlen: „Meine Mandanten wohnen seit Monaten in einer unfertigen Wohnung und die ständigen Nachbesserungen haben schon Spuren auf dem neuen Parkett hinterlassen.“
Um die Möbel wollen Heidi und Heinz Lojewski nicht weiter kämpfen, obwohl sie sich noch vor kurzem so darauf gefreut hatten. „Das Möbelhaus Kröger hatte uns damals sogar einen Experten an die Seite gestellt für altersgerechtes Wohnen, da mein Mann in ein paar Jahren möglicherweise auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird“, erzählt Heidi Lojewski. Mit dem Berater hätten sie die Einrichtung ausgesucht und alles anhand des Wohnungs-Grundrisses geplant. „Der Grundriss reicht ihm, hat er gesagt. Ein Vor-Ort-Termin sei nicht nötig“, ergänzt Heinz Lojewski.
Firma zeigt sich gesprächsbereit
Bis heute herrscht in der Wohnung der Lojewskis Chaos. Zu einer zufriedenstellenden Lösung kam es bisher nicht. Auf beiden Seiten herrscht nun großer Frust. Die Firma Kröger hat ihrer Meinung nach alles getan, um Mängel auszubessern und Änderungswünsche zu erfüllen. „Die Maße sind nicht das Problem, es steht ja alles in der Wohnung“, erklärt Steffen Buch, Filialleiter bei Kröger. Er spricht von ständigen Neubestellungen statt nötigen Nachbesserungen, von Kulanz statt Fehlern bei der Planung.
Doch die Lojewskis planen nun den Neustart mit neuen Möbeln – jedoch von einer anderen Firma. Wäre da nicht noch die geforderte Nutzungsentschädigung. Die Firma Kröger zeigt sich nach einer Anfrage dieser Zeitung doch noch gesprächsbereit und will auf die geforderten 9000 Euro verzichten – allerdings unter Bedingungen: „Die in Rechnung gestellten Kosten werden wir nur dann einfordern, wenn das Ehepaar Lojewski ihrerseits eine Entschädigung erhebt“, sagt Steffen Buch. Er möchte den Fall so schnell wie möglich abschließen.
Das wollen auch die Lojewskis und akzeptieren deshalb, dass sie keine Entschädigung bekommen. Allerdings muss noch geklärt werden, wie der Abtransport der Möbel organisiert werden kann. Der Liefertermin für die neuen Möbel steht, der Abholtermin für die alten noch nicht. Das nächste Chaos scheint programmiert.