Köln. . Junge Wilde und ein Arrivierter. Der WDR startet eine Showoffensive. Spät, hoffentlich nicht zu spät macht der Sender dem jungen Publikum Unterhaltungsangebote. Neben jungen Talenten ist Olli Dittrich für eine Überraschung gut. Was sich der WDR dabei gedacht hat, verrät Show-Chef Grewenig.

Der WDR startet mit einer Fülle neuer Show-Formate – von „Bus mit lustig“ mit Humor-Anarcho Lutz van den Horst bis hin zu einem „Talkgespräch“, bei dem Olli Dittrich kurzerhand alle Rollen selbst spielt. Das Konzept erläutert Show-Chef Siegmund Grewenig im Gespräch mit Jürgen Overkott.

Sie starten mit einer Fülle neuer Unterhaltungsformate. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist: ZDFneo macht das schon seit fünf Jahren. Warum startet der WDR erst jetzt mit jungem Fernsehen?

Siegmund Grewenig: Pilotiert und erprobt haben wir auch schon in der Vergangenheit. So ist zum Beispiel das wundervolle „Dinner op Kölsch“ entstanden, so hat sich „Der Popolski Show“ ins Programm gehackt, und so entstand die einzige Talkshow im deutschen Fernsehen, in der ein Hund der Gastgeber der Runde ist: „Die Wiwaldi-Show“. Und im Bereich der fiktionalen Comedy gehen wir jetzt mit der Ruhrpott-Familienserie „Die LottoKönige“ in die Produktion einer dritten Staffel...

...und wie geht’s weiter?

Siegmund Grewenig: Jetzt starten wir wieder eine Vielzahl von jungen Angeboten. Wir produzieren als Begleitprogramm zum Köln Comedy Festival die Aftershow „Bus mit lustig“ mit Lutz van der Horst, wir setzen ab November „Die unwahrscheinlichen Ereigniss im Leben von...“ mit fünf neuen Folgen und neuen prominenten Hosts fort, und wir haben zum Jubiläum von „Geld oder Liebe“ nicht nur eine Spezialfolge mit Jürgen von der Lippe aufgelegt, sondern drei weitere Folgen mit den Moderatoren Lutz van der Horst, Simon Beeck und Christine Henning aufgezeichnet. Drei Folgen der „RebellComedy“ runden diese Unterhaltungsoffensive ab, und ich kann Ihnen noch mehr zum Ende des Jahres versprechen... Das folgt dem Grundsatz, dass wir nicht nur möglichst viele Zuschauer, sondern mehr Publikum im Alter von 35 bis 55 Jahren erreichen wollen. Das ist ein Strategiewechsel.

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„Programm braucht Liebe und Zuwendung“

Beim ZDF gibt es bei der Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ ein TV-Labor. Wie hat der WDR seine Kreativ-Abteilung organisiert?

Siegmund Grewenig: Bei uns greifen wir auf das große Know-how unserer Redakteure zurück, die mit engagierten Produzenten und Künstlern Neues entwickeln und gestalten.

Ideen brauchen Geld und Liebe. Wie sieht’s mit Geld in Zeiten von Spardruck aus?

Siegmund Grewenig: Programm braucht Liebe und Zuwendung. Klar. Geld auch. Wir reduzieren die Anzahl von lang laufenden Formaten, um Bewegung und Aufbruch zu schaffen. In der Tat muss man Altes lassen, wenn man Neues beginnen will.

Gab es Vorgaben, welche Genres bedient werden sollen?

Siegmund Grewenig: Das Ungewöhnliche suchen und finden - das war und ist die Aufgabe. Es gibt keinen zweiten Olli Dittrich, und deshalb setzen wir mit „Dittsche“ und dem „TV Zyklus“ die Zusammenarbeit mit diesem Ausnahmekünstler fort. Es gab im deutschen Fernsehen schon lange keine Ensemble-Comedy mehr. Unsere Antwort : „Die unwahrscheinlichen Ereignisse im Leben von...“ in dieser besonderen ästhetischen Mischung, mit diesem Film-Look, der Zuschauer einzelne Szenen erinnern lässt, selbst wenn das Ganze einer Folge nicht in immer Erinnerung bleibt. Dies ist auch im Hinblick auf die Online-Verbreitung interessant. Die „RebellComedy“ ist ein ganz einzigartiges Projekt des Urban Young Style.

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Stammmarken wie „Zimmer frei“ werden weiter gepflegt

Wie viel Freiheit hatten die jungen Wilden? Und wo waren die Grenzen?

Siegmund Grewenig: Die Grenzen der Freiheit sind dort, wo wir keine presserechtliche Verantwortung mehr übernehmen können. Bis an diese Grenzen ist viel möglich. Und wie anders als mit Brüchen kommt auch das Neue in die Welt? Wir vernachlässigen darüber nicht die Verstärkung unserer Stammmarken wie „Zimmer frei“, „Mitternachtsspitzen“ oder das „NRW Duell“.

Immer mehr Menschen sehen TV-Inhalte im Internet. Welche Auswirkungen hat für die Unterhaltung?

Siegmund Grewenig: Alle, die schauen, brauchen Inhalte, egal wo, ob im TV oder im Netz. Wir sind Inhaltehersteller, deshalb werden wir gebraucht. Fernsehen der Zukunft wird noch mehr Ereignisfernsehen werden, sprich live. Events, eine Spezialität der Unterhaltung, werden für das Fernsehen wichtiger werden. An dieser Stelle muss es der Unterhaltung gelingen, noch einmal die großen Ereignisse herzustellen. Da bin ich optimistisch, denn so wie im chinesischen Kalender sich alle paar Jahre die Tiere wiederholen, so wird auch wieder das Jahr der Show kommen.