Köln. . Mit Tempo 55.000 geht’s in Richtung Komet Tschuri. Die europäische Raumsonde will aber nicht nur in seine Umlaufbahn – sie will dort landen. Gar nicht so einfach. Die Sonde wiegt auf Tschuri verschwindend wenig. Experten aus Köln sollen’s richten.

Wie eine überdimensionale Badeente sieht der Brocken aus, der mit 55.000 Kilometer pro Stunde in Richtung Sonne rast. Wenn alles nach Plan verläuft, wird dieser tote Himmelskörper – der Komet „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“, genannt Tschuri – am 12. November Schauplatz einer Weltraum-Premiere sein. Dann nämlich soll das Landegerät „Philae“ als erstes menschengemachtes Gerät überhaupt auf dem Kometen landen. Nun steht auch fest, wo der kleine High-Tech-Würfel aufsetzen wird: Mitten auf dem Kopf des Enten-Kometen. Gesteuert wird das riskante Manöver von Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln.

„Jetzt haben wir einen Platz und einen detaillierten Ablauf für die erste Landung auf einem Kometen. Die Spannung steigt“, sagt der DLR-Wissenschaftler Stephan Ulamec, Projektleiter für das Landegerät „Philae“.

Mitte November soll der Lander landen

An Bord der Raumsonde „Rosetta“ nähert sich der Lander seinem Ziel. Am 12. November soll er um 9.35 Uhr von der Sonde abgekoppelt werden und rund sieben Stunden später aufsetzen. Fünf Kandidaten für eine geeignete Landestelle waren zuvor untersucht worden, die Wahl fiel am Ende auf die Landeplatz J. „Keine der Landestellen konnte alle gewünschten Kriterien zu 100 Prozent erfüllen“, erklärt Ulamec, „aber Landeplatz J ist ganz klar die beste Lösung.“

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Das Problem dabei: Der vier Kilometer große Komet, der aus zwei durch einen schmalen Hals verbundene Teile besteht, hat eine geringe Schwerkraft. Die auf der Erde rund 100 Kilogramm schwere Landesonde wiegt auf Tschuri nur einige Gramm. Die Schwierigkeit besteht nun darin, dass „Philae“ nicht wieder von dem Kometen abprallt und im Weltraum verschwindet. Deshalb werden sofort nach dem ersten Kontakt zwei Harpunen in den Boden geschossen, um den Lander zu verankern. Zudem wird der Komet, je näher er der Sonne kommt, immer mehr Gas und Staub ausstoßen, was die Bedingungen verschärft. Die Landung muss vollautomatisch ablaufen, eine direkte Steuerung von der Erde aus ist nicht möglich, da ein Funksignal eine knappe halbe Stunde benötigt, bis es „Philae“ erreicht – viele Unwägbarkeiten bei der Weltraum-Premiere.

Rosettas Reise begann vor zehn Jahren

Seit zehn Jahren fiebern die Wissenschaftler diesem Moment entgegen. Denn bereits im März 2004 begann die Reise, als „Rosetta“ samt dem angekoppelten Lander mit einer Ariane-5-Rakete in den Himmel gehievt wurde. Seither legte sie gut 6,4 Milliarden Kilometer zurück. Der Anflug dauerte so lange, weil die Sonde erst mal richtig Fahrt aufnehmen musste. Die Rakete beschleunigte Rosetta nur auf 40 000 Kilometer pro Stunde – zu langsam, um den Kometen einzuholen. Daher flog Rosetta dreimal an der Erde vorbei und wurde durch die Schwungmanöver immer schneller. Um Energie zu sparen, versetzten die Forscher die Sonde jahrelang in Tiefschlaf. Als sie ihrem Ziel näher kam, wurden die Systeme wieder „geweckt“ – es vergingen bange Minuten, bis „Rosetta“ erstmals antwortete.

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„Philae“ ist bestückt mit zehn Instrumenten. Damit soll das Kometenmaterial analysiert werden – die ursprünglichste und älteste Materie, die es im Sonnensystem gibt. Vor allem organische Moleküle sowie Minerale und Eise sind von Interesse. Die Forscher erhoffen sich davon Erkenntnisse über die Entstehung unseres Sonnensystems und die Entwicklung des Lebens. Denn mit den Kometen könnten die ersten Bausteine für das Leben auf die Erde gelangt sein. „Philae“ wird unzählige neue Daten liefern – falls die Landung glückt.