Frankfurt. . Ein Volltreffer für den Hessischen Rundfunk: knapp 9,3 Millionen Zuschauer. Beim jungen Volk hatte „Spider Man“ das Nachsehen. Und bei Twitter und Facebook schnackelten Kommentare im Sekundentakt ein. Dabei half, dass die Krimi-Oper polasierte.
Gewagt und gewonnen. 9,29 Millionen Zuschauer sahen den Wiesbadener „Tatort“ mit Ulrich Tukur – das war jeder Vierte, der am Sonntag vorm Fernseher saß. Beim Publikum unter 50 war die verrückte Krimi-Oper mit 3,11 Millionen Seh-Leuten so erfolgreich, dass sogar ProSieben mit der TV-Premiere des Kino-Krachers „The Amazing Spider Man“ nur Platz zwei blieb. Dem Rächer-Epos half, dass er polarisierte. Selten zuvor hat ein Fernsehfilm so zum Twittern und Facebooken angeregt wie dieser „Tatort“. In der Spitze, beim Finale, wurden 20 970 Kurzmitteilungen pro Minute abgesetzt.
Gemeckert wurde über die klaren Theater-Bezüge. Sue Reindke twitterte: „Diese direkten Erklärungen an das Publikum sind mir unangenehmer als die üblichen Milieuklischees.“
Yannick Trauden kritisierte ebenfalls per Twitter, die Ballade einer gepflegten Männerfeindschaft sei „viel zu theatralisch, passt gar nicht zu Tatort. Und dass die Toten wieder als Märchenonkel auftreten...“
Die zahlreichen Zitate von Kino-Vorlagen kamen nicht überall an. Twitterer „CA_rotwang“ mäkelte, der Krimi „Im Schmerz geboren“ sei „einfach nur zu bemüht anders“. Der ausdrückliche Bezug auf den Kino-Klassiker „Jules & Jim“ missfiel als „Wir sind alle so intellektuell“-Haltung. Andreas Schäfer argumentierte auf der „Tatort“-Seite bei Facebook etwas differenzierter. Doch auch er vergab eine „6“. Seine Begründung: „Leider sehr gute Schauspieler ganz schlecht verheizt.“ Für ihn waren die Anspielungen auf Hollywoods Meisterregisseur Quentin Tarantino ein „blödsinniger Versuch“. Twitter-Nutzer „Bjet“ zeterte: „Ich bin sauer, dass ich mir diesen Mist bis zu Ende angeschaut habe.“
Momentaufnahmen, gewiss. Aber sie werfen ein Schlaglicht auf die Gruppe der traditionsorientierten „Tatort“-Fans.
Im Internet überwogen allerdings positive, ja euphorische Reaktionen. Christian Hofinger nannte den Rheinhessen-Western „anders, aber ohne jeden Zweifel meisterhaft“. Twitterin Elli vergab für den Film eine „Eins mit Stern!“
Twitterer „JosefsWelt“ bewunderte die elegante Bildsprache des „Tatorts“: „Diesen durchgestylten Tatort hätte ich dem sonst so drögen hessischen Rundfunk nicht zugetraut. Super.“
Helga Koenig schwärmte für die mutige Machart des leichenreichen Films. Auf der „Tatort“-Seite bei Facebook jubilierte sie: „Dieser Tatort lief außer Konkurrenz. Fulminant. Bildgewaltig. Mutig.“
Zahlreiche Zuschauer(innen) hoben heraus, dass sich der „Tatort“ vom Krimi-Einerlei des deutschen Fernsehens wohltuend abgehoben habe. Beispielsweise Karin Buhl: „Dafür wäre ich ins Kino gegangen!“
Thomas Koch frohlockte: „Danke, dass meine GEZ-Gebühren endlich mal für ansprechende Filme verwendet werden. Großes Kino!“
Cataleya Sophie wagte gar eine filmhistorische Prophezeiung: „Der Tatort war anders, ein richtiges Ereignis, und wir werden uns alle noch Jahre an diesen spannenden und schrägen Murot-Fall erinnern.“
Zum Erfolg des Krimis trug übrigens auch das Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks bei. Die Nachfrage nach der Titelliste war so groß, dass der Sender sie ins Netz stellte.