München. . Welches Last haben die Überlebenden des Holocausts geschultert? Welche Folgen hatte das für deren Kinder? Diesen Fragen geht der ARD-Film „Let’s Go“ mit Alice Dwyer und Maxim Mehmet nach. Die bayerisch-jüdische Familiengeschichte überzeugt, weil sie bewegt.

Ein schrecklicher Unfall: der Vater tot, die jüngere Schwester im Koma. Klar, dass die 21-jährige Laura (Alice Dwyer) aus ihrer Wahlheimat USA in die bayerische Heimat jettet. Doch schnell begreift sie, dass das aktuelle Familien-Trauma von einem viel älteren überlagert wird. Lauras Mutter (Naomi Krauss) lässt keinerlei Nähe zu. Zugleich wird der irritierten Tochter nahelegt, Rücksicht auf ihre Mutter zu nehmen. Welches Familien-Geheimnis steckt dahinter? Genau diese Frage treibt das ARD-Drama „Let’s go“ (20.15 Uhr).

Buch-Vorlage verfilmt

Senta-Berger-Gatte Michael Verhoeven (Regie und Drehbuch) verfilmte die Autobiografie der Jüdin Laura Waco, die davon erzählt, wie das Leben ihrer Familie nach dem Holocaust ausgerechnet in Deutschland weiterging. Die Erfahrungen im KZ lasten bleischwer auf dem Familien-Alltag. Mehr noch: Die Vergangenheit wird zum Tabu erklärt.

Verhoeven erzählt die Geschichte aus dem Blickwinkel von Laura, die 1947, zwei Jahre nach Kriegsende, zur Welt kam. Sie musste das Grauen des Nazi-Regimes nicht erleben. Doch gerade weil sie es nicht kennt, kann sie das oft verstörende Verhalten ihrer Mutter und ihres Vaters (Maxim Mehmet) nicht verstehen.

Der Film arbeitet auf mehreren Zeitebenen. Doch die Sprünge schaden ihm nicht. Verhoeven montiert geschickt. Er behält stets den Überblick. Somit kann das Publikum folgen. Nach und nach erklärt sich das Verhalten seiner Figuren. Laura ist ein Kind des Wirtschaftswunders. Doch als Jüdin in einer katholischen Umgebung erlebt sie sich als Außenseiterin. Das wird verstärkt durch den Familien-Appell, über ihr Zuhause zu schweigen.

Dass die aktuelle Filmhandlung im Jahr 1968 spielt, ist ebenfalls nachvollziehbar. Traumatische Erfahrungen lasten oft mindestens eine ganze Generation lang auf einer Familie.

Das Finale klärt die Rätsel

Zur Glaubwürdigkeit des Films tragen auch die gewachsenen Möglichkeiten digitaler Tricktechnik bei, in der Branche als VFX bekannt. Sie ermöglichen auch dem Fernsehen, so gut wie nie zuvor die Illusion vergangener Jahrzehnte zu schaffen.

Das berührende Finale löst das Rätsel um Mutter und Vater. Damit wird nebenher auch erklärt, wie der Film zu seinem Titel kam.