Essen.. Wenn der Fall der Fälle eintritt, ist es oft zu spät, um seine Angelegenheit zu regeln. Eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung helfen, vorab zu bestimmen, wer bei Unfall, Krankheit oder Altersschwäche die Geschäfte regeln soll, wenn man es selbst nicht mehr kann.
Diese Situation ist klassisch: Mann und Frau sitzen nach vielen Jahren der Ehe beisammen und trauen sich endlich, über Krankheit und Tod zu sprechen. Sie wissen, dass sie längst hätten handeln sollen. Wer kümmert sich um Pflege, Geld oder das Haus, wenn einer der Partner dazu nicht mehr in der Lage ist, wer trifft die Entscheidungen?
Das Nachdenken über Vollmachten oder Verfügungen setzt oft erst im Alter ein – ein Fehler, wie Kai Neuvians sagt. „Niemand sollte das Thema vor sich herschieben. Und es kommt auch nicht darauf an, wie alt man ist“, so der Rechtsanwalt und Notar aus Dortmund.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Mit ihr können Menschen festlegen, wer für sie entscheiden soll, wenn sie durch Krankheit oder Unfall nicht mehr dazu in der Lage sind. Der Verfasser der Vollmacht muss zwingend geschäftsfähig sein. Wichtig: „Viele glauben, dass der Ehepartner oder die Kinder im Notfall automatisch zur rechtlichen Vertretung berechtigt sind.
Das ist aber nicht der Fall. Rein rechtlich sind Partner oder Kinder nicht besser gestellt als Fremde“, sagt Kai Neuvians. Ohne Vollmacht übernimmt zunächst der Staat (Betreuungsgericht) die rechtliche Vertretung und bestimmt einen Betreuer.
Erbscheine Was kann ich mit einer Vorsorgevollmacht regeln?
Es gibt nur wenige Rechtsbereiche, in denen Bevollmächtigte nicht handeln können. Dazu gehört die Heirat, das Verfassen eines Testaments oder das Wahlrecht. „Alles andere kann übertragen werden“, sagt Neuvians – Vermögensvorsorge, medizinische Fürsorge, Aufenthaltsort oder Postwesen.
Bei extremen Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte – etwa bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen – muss die Vollmacht eindeutige Aussagen beinhalten. Ansonsten braucht es dafür eine gerichtliche Genehmigung. Auch wenn die Vollmacht über den Tod hinaus gelten soll, muss dies vermerkt sein.
Kann ich eine Vollmacht einschränken oder auf verschiedene Personen verteilen?
Beides ist möglich. „Dass der Sohn sich um die Finanzen kümmern soll und die Tochter um die Pflege, kein Problem“, sagt Neuvians. Auch könne ein Ersatzbevollmächtigter mit aufgenommen werden. Oder dem Bevollmächtigten werde vorgeschrieben, wie er sich in bestimmen Situationen verhalten soll. Auch ein Ausschluss – etwa die Aufnahme eines Kredits – ist möglich, ebenso der Einsatz eines Kontrollbemächtigten, etwa einer neutralen Person, die Geldgeschäfte überwacht.
Notar Neuvians aber gibt zu bedenken: „In der Praxis gibt es bei der Aufteilung von Vollmachten mitunter Streit, und oft überschneiden sich Aufgabenbereiche.“
"Vertrauen ist das wichtigste Kriterium"
Wen sollte ich bevollmächtigen?
Ob der Bevollmächtigte in räumlicher Nähe wohnt, ist nicht das entscheidendste Kriterium. „Wichtig ist das höchstmögliche Vertrauen“, sagt Neuvians. Die Folgen eines Missbrauchs könnten weitreichend sein. Und: Es kann aufwändig und langwierig sein, beim Missbrauchsverdacht einen umfassend Bevollmächtigten kontrollieren zu lassen, weil zunächst das Betreuungsgericht eingeschaltet werden muss. Neuvians rät, Bevollmächtigte vor der Entscheidung zum Gespräch zu bitten, um Details zu klären.
RechtstippWie verfasse ich eine Vollmacht?
Soll die schriftliche, unterschriebene Ausfertigung rechtssicher sein, müssen Bedingungen erfüllt sein. Notare, Anwälte, Betreuungsvereine, Krankenkassen oder Hausärzte bieten dabei ihre Hilfe an, mitunter kostenlos. Vorformulierte Vollmachten sind Notar Neuvians zufolge meist in Ordnung, aber nicht auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten. Das Bundesjustizministerium hat einen Vordruck auf seine Webseite gestellt: www.bmjv.de – Service/Formulare, Muster.
Wann gilt die Vollmacht?
Die Vollmacht gilt, wenn der Bevollmächtigte das Original oder eine notariell ausgestellte Ausfertigung vorlegen kann. Die Ausgabe einer Ausfertigung kann der Vollmachtgeber an Bedingungen knüpfen, etwa an die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über eine Geschäftsunfähigkeit. Rechtlich muss die Vollmacht nur dann von einem Notar beglaubigt sein, wenn sie Kauf oder Verkauf einer Immobilie abdecken soll.
In der Praxis aber verlangen auch Banken oder Behörden oft eine beglaubigte Vollmacht. Wichtig: Der Bevollmächtigte muss wissen, wo er das Dokument im Notfall finden kann. Es kann auch bei einem Notar hinterlegt und gegen Zahlung einer Gebühr im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen werden. Das gilt auch für eine Betreuungsverfügung, die im Notfall schnell bei Gericht vorliegen muss (siehe Zweittext).
Muss ich die Vollmacht regelmäßig aktualisieren?
Nein. Sie muss nur neu unterschrieben werden, wenn der Vollmachtgeber Einträge verändern will. Die Vollmacht kann zudem vor einem Notfall jederzeit widerrufen werden, hat der Bevollmächtigte das Original, muss er es zurückgeben.
Kann eine Betreuungsverfügung eine Alternative sein?
Im Prinzip ja. „Die Betreuungsverfügung spielt heute in der Praxis aber kaum noch eine Rolle“, sagt Notar Kai Neuvians. Oft werde sie vorsorglich mitsamt einer Vollmacht ausgestellt. Grund dafür ist Paragraf 1896, Absatz 2 Bundesgesetzbuch. Dieser besagt, dass eine gesetzliche Betreuung nicht erforderlich ist, wenn die Aufgaben auch durch einen Bevollmächtigten erledigt werden können.
Die Betreuungsgerichte sollen dadurch entlastet werden. Wer eine umfassende Vollmacht erteilt, braucht prinzipiell nicht auch noch eine Betreuungsverfügung.
Wie unterscheidet sich die Verfügung von der Vollmacht?
Die schriftlich abgefasste, mit Datum, Ort und Unterschrift versehene Verfügung gibt Menschen die Möglichkeit, eine von ihnen gewünschte Person zum rechtlichen Betreuer zu bestimmen, den das Gericht im Betreuungsfall einsetzen soll.
Auch Wünsche über die Wahrnehmung der Aufgaben oder den Wohnsitz sollten formuliert werden. Im Gegensatz zum Bevollmächtigten wird der Betreuer vom Gericht auf Eignung geprüft und kontrolliert. Das Gericht definiert den Rechtsbereich, in dem der Betreuer handeln darf.