Köln. . „Wahre Liebe“ zeigt der neue Fall, der die Kölner „Tatort“-Kommissare Schenk und Ballauf auf Trab hält. Zugleich muss Ballauf sein eigenes Liebesleben in Ordnung bringen. Nebenher präsentiert der Krimi mit Kathi Angerer endlich eine würdige Nachfolgerin von Tessa Mittelstaedt.

Der Kölner „Tatort“ verabschiedet von Gesellschaftkritik. Stattdessen wendet er sich Zeitgeistigem zu. Und das tut dem Krimi gut. Die Episode „Wahre Liebe“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) erzählt von Liebe als Ware in der Digital-Ära, von kühler Berechnung und echten Gefühlen. Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) müssen den Tod der Chefin einer Internet-Partnervermittlung klären.

Der Ball der einsamen Herzen findet seit geraumer Zeit vorwiegend im Netz statt – ein Blick in die Werbeblöcke des Privatfernsehens spricht Bände.

Kathi Angerer überzeugt als Neue

Drehbuch-Autor Maxim Leo verknüpft den Fall geschickt mit der Nebenhandlung, die sich schon seit geraumer Zeit durch die Fälle des Kölner Ermittler-Duos zieht: die höchst wackelige Beziehung zwischen Ballauf und Polizei-Psychologin Lydia Rosenberg (Juliane Köhler). Beide empfinden sie gleichermaßen als höchst unbefriedigend; die berufliche Arbeit treibt sie unmerklich zu einer Entscheidung in ihrem Privatleben.

Den Fall selbst treiben die klassische Wer-war-der-Täter-Frage und die Suche nach einem Mann, der sich in der Partnerbörse der „Zauberer“ nannte. Er manipulierte einsame Herzen nach Belieben stets mit demselben Ziel: seine Opfer auszuplündern. Ihn zu überführen ist die Aufgabe der neuen Assistentin Gabi (Kathi Angerer). Sie bietet sich als Lockvogel an.

Ballade von Frust und Einsamkeit

Kathi Angerer macht einen großartigen Job. Zunächst führt sich die zierliche Schauspielerin als naives Hascherl ein, dass ungefragt an Schenks Schreibtisch herumhantiert und obendrein noch seine Kaffeetasse umwirft. Doch als die Neue bei einer Schießübung das beste Ergebnis hinlegt, erwirbt sie sich Respekt.

Dennoch macht sich die Kleine auch innerlich klein, indem sie den Kommissarin das Du anbietet, sie aber zugleich siezt. Doch der Eindruck täuscht. Sie erweist als perfekt für ihre Aufgabe – gerade in dem Moment, indem sie in Gefahr gerät. Der enttarnte „Zauberer“ lässt sie mit Handschellen gefesselt in einer leerstehenden Industriehalle zurück. Wie sich die Assistentin befreit, gehört zu den spannendsten Momenten eines Films, der über weite Strecken als Ballade von Frust und Einsamkeit daherkommt.

Warum Rubensfrau Sabine Orléans beeindruckt

Dabei führt Regisseur Erkau drei Typen von gut bürgerlichen Frauen in der Mitte ihres Lebens vor, die auf den „Zauberer“ hereingefallen sind. Dabei gibt Rubensfrau Sabine Orléans die beeindruckendste Vorstellung einer Dame, die sich vom Leben und der Liebe getäuscht sieht.

Die Auflösung des eigentlichen Kriminalfalls enttäuscht, weil sie doch arg konventionell ist.

Dennoch hat der Krimi viele starke Momente. Dazu gehören unbedingt die Bilder von Kameramann Gero Steffen. Seine roter Herzballon, der im bereits Vorspann aufsteigt, ist – je nach Sichtweise – als Leit- oder Leidmotiv immer wieder zu sehen. Überhaupt gehört dieser „Tatort“ zu den bestfotografierten Filmen, die das deutsche Fernsehen überhaupt zu bieten hat. Die Optik hat Kinoqualität. Jedes Bild ist ein Genuss.

Ach ja, die Assistentin. Gabi ist die bisher beste Nachfolgerin von Tessa Mittelstaedt, die Anfang des Jahres als die Frau im Team in der Folge „Franziska“ unter dramatischen Umständen ums Leben kam. Für Gabi gilt: Wiedersehen macht Freude.