Bremerhaven/Nuuk..

Die Eisschilde in Grönland und der Antarktis schwinden in Rekordgeschwindigkeit dahin: Im vergangenen Jahr verloren sie zusammen etwa 500 Kubikkilometer Volumen, wie eine Auswertung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven ergab. Das sei die höchste Verlustrate seit Beginn der Satelliten-Höhenmessungen vor 20 Jahren, schreiben die Forscher in der Zeitschrift „The Cryosphere“.

Seit 2009 habe sich der jährliche Eisverlust in der Westantarktis verdreifacht und in Grönland verdoppelt. Mit 375 Kubikkilometern entfalle der größere Anteil auf das grönländische Eis. Insgesamt entspreche die jährliche geschmolzene Menge einem 600 Meter hohen Klotz mit der Grundfläche der Stadt Hamburg. Für den Osten der Antarktis wiesen die Wissenschaftler einen Eiszuwachs nach, der jedoch die Verluste im Westen nicht aufwiegt.

Nach Berechnungen von Forschern hat der grönländische Eisschild ein Gesamtvolumen von rund 2,96 Millionen Kubikkilometern und der der Antarktis von etwa 27 Millionen Kubikkilometern.

Das schmelzende Eis gibt Bodenschätze frei

Während die Klimaforscher den rasanten Wandel mit großer Sorge beobachten, sehen die rund 55.000 Grönländer die Entwicklung mindestens mal mit gemischten Gefühlen: In der 16.000 Einwohner zählenden Hauptstadt Nuuk träumt man von größerer Autonomie gegenüber der dänischen Regierung, die ohnehin nur noch in außenpolitischen, militärischen und währungspolitischen Fragen das Heft in der Hand hat.

Doch das immer schnellere Abschmelzen des Inland-Eisschildes eröffnet den Geologen auf der Jagd nach Bodenschätzen immer neue Jagdreviere. Unter dem Eis werden unter dem grönländischen Gestein wertvolle Mineralien und Erze vermutet, auch nach Gold, Uran und den für Mobilfunkgeräte unentbehrlichen seltenen Erden wird immer häufiger gesucht. Da sich zudem die Landmasse ohne den Eispanzer immer höher aus dem Wasser hebt, wächst die Landfläche Grönlands selbst dann, wenn der Meeresspiegel steigt.

Eisbergsalat im Angebot

An dessen Berechnung arbeiten derzeit die Bremerhaver Wissenschaftler. Sie wollen ermitteln, wie stark das Schmelzen der Eisschilde zum Anstieg des globalen Meeresspiegels beiträgt. Eine genaue Aussage, um wie viel der Meeresspiegel durch das aktuelle Abschmelzen der beiden Eisschilde steigt, traf das Forscherteam nicht. Dazu müsste neben dem Volumen auch die genaue Dichte des abgeschmolzenen Eises bekannt sein.

Den Geologen zum Trotz sucht Grönland derzeit verstärkt nach Einnahmen aus dem Tourismus und wirbt mit der unberührten Natur. Erst vor wenigen Monaten hat eine Charterfluggesellschaft regelmäßige Flüge von Dänemark über Island nach Süd- und Westgrönland aufgenommen. Noch kann man mit der reinsten Luft der Welt und unberührter Natur werben: Mittlerweile wachsen in Grönland nicht nur die kargen Wälder und Rhabarber, Erdbeeren und Kartoffeln. Aus eigenem Anbau gibt es auch – Eisbergsalat.

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