Genf. .

Für Bart Janssens kommt die Weltgesundheitsorganisation schon zu spät. Die WHO hat Ebola gestern zum Internationalen Gesundheitsnotfall erklärt. „Das zeigt, wie ernst sie den Ausbruch nimmt; aber Statements retten keine Leben“, erklärte der Einsatzleiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Seine Organisation wiederhole seit Wochen immer aufs neue, wie „händeringend nötig“ eine massive Reaktion dafür sei, Leben zu retten und die Epidemie abflauen zu lassen. „Es hat Leben gekostet, dass zu langsam gehandelt wurde.“

Ärzte ohne Grenzen sei mit mehr als 670 Helfern im Einsatz. „Alle unsere Ebola-Experten sind mobilisiert, wir können schlichtweg nicht mehr tun.“

WHO-Chefin Margaret Chan war mit ihrer Entscheidung einer Empfehlung des WHO-Notfallkomitees gefolgt. Die Viren- und Seuchen-Experten waren nach zweitägigen Beratungen am Donnerstagabend einstimmig zu dem Schluss gekommen, dass die Einstufung als Notfall unumgänglich ist.

Alle Staaten sollten Maßnahmen treffen, um Ebola-Fälle rasch erkennen und Infizierte isolieren und behandeln zu können, hieß es von der WHO. Dazu gehöre die Untersuchung von Reisenden aus Ebola-Regionen etwa an Flughäfen und Grenzübergängen. Am Frankfurter Flughafen bekommen Passagiere aus dem von Ebola betroffenen Nigeria Info-Material ausgehändigt, das sie über die Krankheit und ihre Symptome informiert. Die Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt aus zwei Ziele in Nigeria an: Lagos und Abuja.

„Regierungen sollten auch auf die Rückführung von Bürgern vorbereitet sein, die möglicherweise Ebola ausgesetzt waren, darunter zum Beispiel medizinisches Personal“, hieß es bei der WHO weiter. Wie es dem ersten nach Europa geflogenen Ebola-Kranken geht, wurde am Freitag nicht bekannt: Auf Wunsch des 75-jährigen Geistlichen machten die Behörden in Spanien keine Angaben. Miguel Pajares war mit einer Maschine der spanischen Luftwaffe aus Liberia nach Madrid geflogen worden.

Zusammen mit dem Geistlichen war eine spanische Nonne von Monrovia in die spanische Hauptstadt gebracht worden. Bei der 65-Jährigen wurde bisher keine Infektion festgestellt. Die Frau soll nach Angaben der Ärzte weiter in Quarantäne bleiben und nächste Woche erneut untersucht werden.

Notstand in Liberiaund Sierra Leone

Angespannt blieb die Lage in den betroffenen Ländern. In Liberia wurden Checkpoints eingerichtet, Soldaten hielten Fahrzeuge an und forderten die Fahrer auf, nicht in Richtung Hauptstadt weiterzufahren, berichtete die Zeitung „Front Page Africa“. „Armeeleute haben uns angehalten“, sagte eine 40-jährige Geschäftsfrau. „Sie sagten, niemand fährt hier weiter.“ Mit der von Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf ausgerufenen „Operation White Shield“ soll die Ausbreitung der Seuche eingedämmt werden.

In Saudi-Arabien gab es Berichte über einen zweiten möglichen Ebola-Fall. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wird ein Patient, der mit dem am Mittwoch verstorbenen Saudi Kontakt hatte, im König-Fahd-Krankenhaus in Dschidda behandelt. Das Ministerium wies Gerüchte lokaler Medien zurück, es handele sich um eine Ebola-Infektion. Man werde die Öffentlichkeit in „voller Transparenz“ informieren, hieß es.

Von der Ebola-Epidemie sind Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigeria betroffen, den Notstand haben bisher nur Liberia und Sierra Leone ausgerufen. Es ist erst das dritte Mal, dass die WHO-Seuchenexperten für die Ausrufung eines Internationalen Gesundheitsnotfalls stimmten. Im Mai 2014 hatte die WHO wegen der Ausbreitung von Polio in Pakistan und Afghanistan zu dieser Maßnahme gegriffen, 2009 wegen der Ausweitung der Schweinegrippe.

Führende britische Virenforscher, darunter der in Großbritannien arbeitende belgische Ebola-Entdecker Peter Piot, fordern den Einsatz von Medikamenten, die noch in der Erforschung stecken. Vereinzelt seien solche Mittel bei Patienten in westlichen Ländern eingesetzt worden, Betroffene in afrikanischen Ländern sollten die Möglichkeit auch haben, heißt es in ihrem Statement. Die WHO will nächste Woche mit Medizin-Ethikern über den Einsatz solcher kaum geprüften Mittel beraten.