Köln. Helmut Kohl hat den Rechtsstreit gegen den Publizisten Heribert Schwan gewonnen. Dem Altkanzler werden die 200 Tonbänder zugesprochen, auf denen er sein Leben Revue passieren lässt. Bereits in erster Instanz hatte Kohl Recht bekommen. Die Aufnahmen befinden sich mittlerweile in seinem Besitz.

Das Oberlandesgericht Köln hat dem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl 200 Tonbänder zugesprochen, auf denen er sein Leben Revue passieren lässt. Der Publizist Heribert Schwan hatte die Aufnahmen 2001 und 2002 gemacht, um auf dieser Grundlage Kohls Memoiren verfassen zu können. Vor der Vollendung des letzten Bandes kam es aber zu einem Zerwürfnis. Schwan behielt die Bänder zunächst, doch Kohl klagte schließlich auf Aushändigung des Materials.

Obwohl der Ghostwriter seiner Memoiren, der Publizist Heribert Schwan, die Kassetten beschafft hatte und ihn darauf 630 Stunden lang befragt, betrachtet das Gericht sie als alleiniges Eigentum von Kohl. Denn der Materialwert der Kassetten sei weit geringer als ihr immaterieller Wert als historisches Dokument, erläuterte der Vorsitzende Richter Hubertus Nolte am Freitag. Dieser Wert aber gehe auf den inzwischen 84-jährigen Kohl zurück. Möglicherweise ist der Streit damit noch nicht zu Ende: Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

"Jetzt machen wir das Tonband aber mal aus"

"Insgesamt meinen wir, dass der Kläger (Kohl) als Urheber der Tonbandaufzeichnungen zu bewerten ist", sagte Nolte. Die Gespräche, die Schwan mit dem früheren Bundeskanzler geführt habe, seien "in keiner Weise mit einem Interview vergleichbar". Das könne man schon daraus ersehen, dass Kohl des öfteren gesagt habe "Jetzt machen wir das Tonband aber mal aus" oder "Das schreiben Sie jetzt aber nicht".

Der Vertrag für die Memoiren habe festgelegt, dass Kohl seinen Ghostwriter jederzeit durch einen anderen habe ersetzen können. "Wir konnten nicht von einer gleichberechtigten Zusammenarbeit der Parteien ausgehen", sagte Nolte.

Kohl war 2001 und 2002 von Schwan befragt worden. Auf der Grundlage dieser Gespräche verfasste Schwan drei Memoirenbände, in denen jedoch nur Kohl als Autor genannt wird. Während der Arbeiten zum vierten und letzten Band kam es zum Zerwürfnis zwischen Kohl und Schwan. Der ehemalige WDR-Redakteur behielt die Bänder zunächst, doch schließlich klagte Kohl auf Herausgabe und bekam vor dem Kölner Landgericht recht. Das OLG bestätigte nun diese Entscheidung.

Kohl-Ghostwriter überlegt, in Revision zu gehen

"Ich neige dazu, in Revision zu gehen", sagte Schwan der Nachrichtenagentur dpa. Ein solcher Gang nach Karlsruhe sei aber kostspielig. Deshalb appelliere er an die Konrad-Adenauer-Stiftung und an ehemalige Weggefährten Kohls aus der CDU wie Norbert Blüm, Heiner Geißler, Bernhard Vogel oder Kurt Biedenkopf, sich an den Kosten zu beteiligen.

Schwan versprach, die Bänder dem Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Verfügung zu stellen, falls sie ihm in letzter Instanz vom Bundesgerichtshof zugesprochen werden sollten. Die CDU-nahe Stiftung hatte kürzlich Berichte zurückgewiesen, wonach es zwischen ihr und Kohl Streit über Akten und Unterlagen gibt.

Schwan macht Kohls zweite Frau Maike Kohl-Richter für das Zerwürfnis verantwortlich. Sie wolle die "Oberhand über diese Texte". Kohl-Richter selbst bestreitet dies. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" sagte sie kürzlich: "Ich bin nicht in der Lage, den historischen Nachlass meines Mannes alleine zu verwalten. Das wäre eine absurde Vorstellung. (...) Mein Mann und ich denken seit Längerem darüber nach, wie sichergestellt werden kann, dass sein Nachlass sicher in die Zukunft getragen wird und in die richtigen Hände kommt."

Kohl prägte die deutsche Politik über Jahrzehnte und gestaltete maßgeblich den Prozess der Wiedervereinigung. Er war von 1982 bis 1998 Bundeskanzler, zudem von 1973 bis 1998 CDU-Vorsitzender. (dpa)